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Wir frieren – ein Wintermärchen!

  • Samstag, 1. April 2017 @ 13:54
Brief eines Lehrers

Die folgende Geschichte ist ein Märchen. (Es fällt iin die in der Zwischenzeit - hoffentlich - zurückliegende kalte Jahreszeit.) Die geschilderten Vorgänge haben also nie stattgefunden und sind frei erfunden.

Hurra, wir bekommen eine Schule! Vor gar nicht so langer Zeit, genau im Jahre 1994, versammelten sich auf einem Acker hinter dem Kagraner Friedhof eine Handvoll Bauarbeiter mit allerlei schwerem Gerät, um mit dem Neubau einer Schule zu beginnen. Es lebten damals schon viele Menschen rundherum; also sollte die Schule groß werden – aber der Bau sollte auch möglichst wenig Kosten verursachen. Also wurde ein Architekt gleich eingespart und einfach ein bereits bestehender Bau ein zweites Mal errichtet und die Preisanbote der Ausstatter ins unglaublichste Niedrigniveau gedrückt. So mancher Billigstbieter war bereits bankrott, als ihn die Reklamationswelle erreichte.

Was niemanden überraschen wird: die Kosten, die für den Betrieb, für Beheizung und Beleuchtung danach anfielen, waren hoch, sehr hoch; die Fenster entpuppten sich als Dauerreparaturauftrag – ihre Verriegelungsmechanik: viel zu schwach; auch die thermische Isolierung war so billig wie nur möglich ausgeführt. Die daraus folgenden hohen Betriebskosten – mussten runter! Aber wie?

Ohne Göd a Musi?

Also wurden die für Beheizung und Beleuchtung anfallenden Beträge direkt ins Schulausstattungsbudget verlagert. Dann werden die Leute dort schon das Sparen lernen, war wohl die Idee dahinter. Nur noch jede 2. Neonröhre ist seither auf den Gängen in Verwendung. Na, dann ist's halt dort ein bisschen dunkler.

Genial sieht eine Idee aus der Ecke der Grünen aus: man stelle zunächst die Höhe der Ist-Kosten für Beheizung fest und suche sich dann einen Heizungssteuerungsprofi. Der baut auf eigene Rechnung Steuerungstechnik vom Feinsten ein und vermag in der Folge jeden Heizkörper über Internet richtig einzustellen. Dafür bekommt der Profi dann einen bestimmten Anteil jenes Geldbetrages, der jetzt durch smarte Steuerung eingespart wird und der andere Anteil landet beim Auftraggeber (Contracting–Nehmer). Diese Idee wird vom Wr. Stadtschulrat (SSR) u. a. auch an unserem Schulhaus realisiert. Soweit: toll! Alle gewinnen: der SSR als Auftraggeber, Siemens als Steuerungsprofi, ja sogar die Umwelt.

Allerdings, der Teufel steckt im Detail. Als die erste Ertragszahlung ansteht, ergeht die (irrtümlicherweise?) von Siemens an das Unterrichtsministerium (BMB) oder an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Daraufhin fordert der SSR vom BMB oder der BIG dieses Geld zurück – was ihm aber verweigert wird, worauf der SSR den Vertrag mit Siemens kündigt.

In der Folge stellen die Siemens-Leute natürlich die Steuerung der Heizung ein, überlassen aber freundlicherweise doch dem örtlichen Schulwart ein paar fette Bene-Ordner, voll mit Anleitungen zur Steuerung der komplizierten Heiztechnik, die für Nichtfachmänner schlicht unlesbar und unverständlich sind.

Also frieren wir, nunmehr seit vier Wochen, der Dauer der Kältewelle gemäß. Egal, ob SchülerInnen oder LehrerInnen, manche werden krank, die meisten behelfen sich mit dicken Pullovern oder Daunenjacken. Das ist jetzt ausnahmsweise nicht erfunden. Elektroradiatoren werden angeworfen, wo vorhanden. Strom kostet bekanntlich nichts. Nur eines geht nicht: eine Heiztechnikfirma um Hilfe zu rufen – das lässt das überzogene Schulbudget nicht mehr zu. Wir hoffen also, dass die Kältewelle bald zu Ende geht und werden in Hinkunft sehr kräftig bei der Reinigung sparen, denn ganze 83% des Schulbudgets gehen auf mit Reinigung und Beheizung. Die restlichen 17% gingen offenbar in die notwendigsten Reparaturen.

Und alle erfreuten sich ihres Lebens, weil sie ja doch nicht erfroren waren und lebten glücklich wieder auf, als der Frühling endlich kam.

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER