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Derf’s ein bisserl weniger gerechtes Wahlrecht sein?

  • Sonntag, 14. Dezember 2014 @ 11:32
Ein Kaktuskommentar von Johann Höllisch an alle etablierten Rathausparteien und als Diskussionsbeitrag speziell auch an unsere „grünen Freundinnen und Freunde“ im Bezirk gerichtet!

In der Vorwoche hat die grüne Vizebürgermeisterin zur aktuellen Wahlrechtsreform einen „Kompromissvorschlag der Grünen“ präsentiert. (siehe dazu auch KPÖ-Stellungnahme vom 11.12.2014)

Am 4. Mai 2010 haben die damaligen Wiener Oppositionsparteien (dazu zählten vor den Wahlen auch die Grünen) eine notariell beglaubigte Erklärung für eine Reform der Wiener Gemeindewahlordnung abgegeben. Beim Regierungsübereinkommen 2010 zwischen SPÖ und Grünen wurde ein „modernes Verhältniswahlrecht“ versprochen. Anfangs schien es noch einen Konsens darüber zu geben, dass es für eine Partei nicht mehr wie im Jahr 2001 möglich sein sollte, mit weniger als 47% der Stimmen 52% der Mandate zu erhalten.

Wegen der vom Verfassungsgerichtshof gerügten Mängel bei der seit der letzten Wahl eingeführten Briefwahl ist zumindest in diesem Punkt eine Reform des Wahlrechts noch vor den Wahlen zwingend erforderlich. dass dabei auch die oben beschriebenen Verzerrungen im Wiener Wahlrecht beseitigen werden, davon scheint die „blassrot/grüne“ Rathauskoalition mehr denn je entfernt. Es handelt sich um einen demokratiepolitischen Kniefall der Grünen – dessen „Tatzeitpunkt“ allerdings nicht erst jetzt – sondern bereits wesentlich früher festgestellt werden muss.

Über die undemokratische 5%-Sperrklausel, wichtigste Ursache, die einem neuen Wahlrecht , in dem jede WählerInnenstimme gleiches Gewicht bekommt, entgegen steht, war weder bei Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und Grünen noch von den anderen Rathaus und Parlamentsparteien bisher Kritik zu hören.

Die etablierten Rathausparteien reden nicht über jenen Teil des WählerInnenkuchen, der ihnen gar nicht zusteht!

Bisher wurde die Wahlzahl bei der Mandatsermittlung in den 18 Wahlkreisen aus dem Durchschnitt der abgegebenen gültigen Stimmen, dividiert durch die Anzahl der zu vergebenden Mandate, erhöht um den Faktor 1 ermittelt, was die jeweils stimmenstärkste Partei bevorzugte.

Ein Link zu einem Youtube-Film der das Wiener Wahlrecht näher erklärt - Hier klicken!

Während die Rathausparteien weiter darüber streiten, ob dieser „darüberliegende“ Faktor beibehalten oder abgeschafft, oder wie Maria Vassilakou jüngst „als Kompromiss“ vorschlug, hinkünftig bei 0,5 liegen soll, bleibt die wichtigste Ursache der bisherigen Verzerrungen völlig ausgeblendet.

Wien ist die einzige Stadt in Österreich, wo es bei Gemeinderatswahlen eine Sperrklausel gibt, die sogar über der für Nationalratswahlen gültigen 4%Sperrklausel liegt. Hätte jede Stimme , gleiches Gewicht, wie von vielen demokratiepolitisch Engagierten und in diversen BürgerInneninitiativen aktiven Menschen neben anderen demokratiepolitischen Anliegen in einer eigenen Petition an den Wiener Gemeinderat (die nachwievor unterstützt werden kann) gefordert, wäre eine Partei bei 100 zu vergebenden Gemeinderatsmandaten ab einem Stimmenergebnis von 1% im Gemeinderat vertreten.

Durch die undemokratische 5%-Sperrklausel werden alle Parteien, die mit ihrem Wahlergebnis unter 5% liegen, aber von der Mandatsermittlung derzeit ausgeschlossen. Dadurch werden die Mandate für die etablierten Parteien billiger, womit nicht nur kleine Parteien benachteiligt, sondern auch WählerInnen, die ihre Politik befürworten, dazu getrieben werden, entgegen ihrer Überzeugung das „kleinere Übel“ zu wählen.

Indem dieses wahlpolitische Unrecht bei allen etablierten Parteien bisher ausgeklammert blieb, schweigen sie über jenen Teils des von den WählerInnen bei den Wahlen gebackenen WählerInnenkuchens, der ihnen eigentlich gar nicht zusteht. Nämlich jenes Stimmenpotential, welches auf die angetretenen durch die Sperrklausel von der Mandatsermittlung ausgeschlossenen Wählergruppierungen entfällt.

Es gab grüne Grundpinzipien aus der Zeit ihrer Gründung, wo sind sie geblieben?

Während bei der Gründung der Grünen „BürgerInnenbeteiligung, Transparenz, Gleichberechtigung und Demokratie“ zu ihren Grundanliegen und die Abschaffung der undemokratischen Sperrklauseln im Wahlrecht lange zu ihren wichtigsten demokratiepolitischen Forderungen zählte, haben sich die Rathausgrünen heute davon verabschiedet. Spricht man sie darauf an ist von einigen unter ihnen zu heute hören, dass es sich dabei „nur um eine Nebenfrage handelt, die von wichtigerem ablenkt“ Eines von vielen Beispielen, wie sie, ob gewollt oder nicht, selbst zum Vollzug undemokratischen Vorgehens des Rathauses beitragen und damit auch zum Erfolg der „rechten Opposition“ beitragen.

Auch die etablierte Rathausopposition ist auf diesem Auge blind!

Aber auch die, weder die ÖVP und die NEOS noch die FPÖ treten für eine Abschaffung ndemokratischer Sperrklauseln ein. (Zu mindestens, solange sie nicht selbst davon betroffen sind.) Die sich selbst zur „sozialen Heimatpartei" ernannte FPÖ scheint im Gegenteil in ihrem postulierten „Zweikampf um den Wiener Bürgermeister“ ebenso auf Stimmen von „Kleineres ÜbelwählerInnen“ aus dem rechten Spektrum zu zählen.

Alle etablierten Parteien wollen unter sich bleiben, zumindest solange wir sie unter sich bleiben lassen – Oder?

Es wird immer dringender – eine linke Opposition im Wiener Rathaus muss dringend her!

Kaktus-Gastbeitrag von Heinz Berger zur Petition "Wien braut mehr Demokratie"