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Gestaltung des Mandela-Platzes ungewiss

  • Dienstag, 27. Februar 2024 @ 15:28
Seestadt Aspern Reisende, die den Bahnhof Aspern-Nord Richtung Süden verlassen und solche, die aus der Umgebung mit den Buslinien 84A, 89 A, 99 A+B und 266 eintreffen, befinden sich direkt auf dem Nelson-Mandela-Platz. Die Verkehrsfläche wurde 2016 nach dem ehemaligen südafrikanischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger benannt, dessen Name untrennbar mit dem Kampf gegen Rassismus, Kolonialismus und für gleiche Rechte und Würde für alle Menschen verbunden ist.


Unmittelbar nach der Benennung des Platzes nahm SADOCC, das Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika und Nachfolgeorganisation der Österreichischen Anti-Apartheid-Bewegung, seine Aktivitäten vor Ort auf, und im Zuge dessen einen Entwurf für ein Mandela-Denkmal in der Seestadt vorgelegt

Alljährlich organisiert und feiert der Verein am 18. Juli, Mandelas Geburtstag, den internationalen Nelson-Mandela-Tag in der Seestadt, ein Ereignis, das mittlerweile auch zahlreiche Veranstaltungen im Vorfeld umfasst und sich zusehends großer Beliebtheit erfreut. Die Teilnehmenden erfahren über die Situation im heutigen Südafrika ebenso wie über Kampfgefährt_innen Mandelas und erhalten Eindrücke von der Kultur des Landes an der Südspitze Afrikas. Durch diese Aktivitäten haben sich zahlreiche Kooperationen entwickelt, u.a. mit der Buchhandlung Seeseiten, der Kulturgarage Seestadt, dem Yella Yella! Nachbar_innentreff, dem Stadtteilmanagement der Caritas, der afrikanischen Community in der Seestadt, der Schule am Liselotte-Hansen-Schmidt Campus, dem Sprachencafé Seestadt, den Aktivist_innen von Rassismusfreies Transdanubien, um nur einige zu nennen. Auch konnte eine Zusammenarbeit mit Black Voices und den Organisator_innen der Antirassismus-Tage etabliert werden.

Ein herber Rückschlag;

Im Oktober 2023 hat nun die Jury der KÖR (Kunst im öffentlichen Raum – eine Institution der Stadt Wien GmbH) dem von SADOCC vorgelegten Entwurf für ein Mandela-Denkmal in der Seestadt eine Ablehnung erteilt. Dieser Entwurf geht auf eine Zusammenarbeit mit dem südafrikanisch-österreichischen Künstler Marcus Neustetter zurück und entstand in Absprache mit der Bezirksvertretung Donaustadt, der Wien 3420 Seestadt-Entwicklungs-AG und der südafrikanischen Botschaft. Auch unterstützen mehrere Wiener Landtagsabgeordnete / Gemeinderät_innen das Vorhaben. Parallel zu den Bemühungen vor Ort in Wien bereitet die Nelson-Mandela-Stiftung in Johannesburg die Aufnahme des Denkmals in die Weltliste der offiziell anerkannten Mandela-Denkmäler vor. Die Ablehnung der KÖR übergeht somit nicht nur die Bemühungen von SADOCC und des Netzwerkes, das rund um den Mandela-Tag entstanden ist, sondern unterschätzt auch das Interesse der Menschenrechtsstadt Wien an einem international vernetzten Gedenkort für den Freiheitskampf in Südafrika. Deshalb ist sie in doppelter Hinsicht bedauerlich.

Inzwischen drängt auch die Zeit: Nächstes Jahr soll der Mandela-Platz eröffnet werden, mit der Ablehnung des vorgelegten Denkmal-Vorschlags gibt es nun aber keinen Plan für dessen künstlerische Ausgestaltung.

Zum Denkmal-Entwurf

Dieser zeigt eine fünf Meter hohe geballte Faust mit der Aufschrift Amandla, aus der eine Mandela-Figur in den Raum davor ausschreitet und für Passant_innen den Platz innerhalb der Faust freigibt. Jede_r ist so eingeladen, einen Moment lang in Mandelas Fußstapfen zu treten und sich in den Kampf einzureihen, der überall dort geführt wird, wo die Würde von Menschen beschädigt und missachtet wird. Zusätzlich ist der Entwurf ein Angebot an die Instagram-Generation, ein Selfie von sich als Mandela zu posten, weshalb das Denkmal das Potential hat, zu einer Touristen-Attraktion und weiteren Sehenswürdigkeit Wiens zu werden.

Die geballte Faust – die von den Initiator_innen auch als Referenz an die kämpferische Tradition des Roten Wien gesehen wird – steht für Ermutigung zum Widerstand, war in der südafrikanischen Befreiungsbewegung aber auch eine Form des Grußes, der zusammen mit dem Wort Amandla! verwendet und mit Ngawethu! oder Awethu! beantwortet wurde. Das Rufspiel Amandla! – Ngawethu! / Awethu! bedeutet auf Deutsch etwa Die Macht! – dem Volke! Bei Versammlungen rief der_die Vorsitzende bzw. Sprecher_in zu den Anwesenden: Amandla! Diese antworteten im Chor mit Ngawethu! oder Awethu!, um auszudrücken, wofür sie kämpften und auch um zu verdeutlichen, dass der_die Versammlungsleiter_in ein Teil der Befreiungsbewegung war. Gerade auch in Zeiten zunehmender autoritärer Entwicklungen weltweit kann nicht oft genug daran erinnert werden, von wem die Macht auszugehen hat. Deshalb ist eine Initiative wie diejenige von SADOCC so wichtig und wäre ein Mandela-Denkmal ein weiteres Bekenntnis der Stadt Wien zu Demokratie und Menschenwürde.

Auf der Rückseite des Denkmals stellen Informationen einen Bezug zu Südafrika und seiner Befreiungsgeschichte her.

Warum in der Seestadt?

Als neuem Stadtentwicklungsgebiet wurden in der Seestadt von Anfang an zahlreiche Initiativen gesetzt, die Nachbarschaft unter den hier wohnenden oder zuziehenden Menschen zu fördern. Beispielhaft dafür seien genannt die Nachbarschaftsfrühstücke, die Stiegencafés, die Stadtteilfeste, das Community Cooking. In gewisser Weise sind ja alle hier Neuankömmlinge, Menschen aus anderen Teilen der Stadt, aber auch aus der ganzen Welt, die ihre unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Lebensgeschichten mitbringen und einander erst näher kommen müssen. Interesse füreinander, für die kleinräumige und engmaschige Seestädter Community und für die Gesellschaft im weitesten Sinne zu entwickeln, das wäre eine Maxime des Zusammenlebens, wie sie Mandela gefallen hätte. Der alljährliche Mandela-Tag mit seinem internationalen Kulturprogramm ist im Seestädter Kontext Anlass für politische Bildung, für gemeinsames Feiern und eine Begegnung von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Herkünfte. Daran anknüpfend könnte der Mandela-Platz, an dem (in naher Zukunft geplante) Straßenbahn, U-Bahn, Bahn und Bus zusammentreffen, so gestaltet sein, dass er nicht nur ein Ort des Transits, sondern des Zusammenkommens im öffentlichen Raum ist, an dem von Mandelas Wirken inspirierte Aktivitäten stattfinden. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass die von Mandela vertretenen Grundwerte wie Kampf gegen rassistische Diskriminierung, für demokratische Partizipation und soziale Gerechtigkeit auch im öffentlichen Raum Wiens Verankerung finden müssen. Dafür bietet sich der Nelson-Mandela-Platz in der Seestadt geradezu an. Denn wo sonst kann ein Denkmal für Mandela sinnvollerweise errichtet werden?

Gemeinsam mit SADOCC appellieren wir daher an alle Verantwortlichen der Stadt Wien, das Nelson- Mandela-Denkmal trotz der Ablehnung durch die KÖR-Jury zu realisieren.

KPÖ-Donaustadt
Rassismusfreies Transdanubien