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Die Neutralität in Zeiten des Krieges

  • Donnerstag, 25. Mai 2023 @ 10:36
Österreich hat sich 1955, nach den leidvollen Erfahrungen von Zweitem Weltkrieg und Besatzung, zur „immerwährenden Neutralität“ verpflichtet. Andererseits wäre seine Souveränität wohl für lange Zeit eingeschränkt geblieben. Während der Status der Neutralität uns eine fast 70-jährige Epoche des Friedens beschert hat, nutzen die politischen Eliten des Landes jede Gelegenheit, die Neutralität zu untergraben, und versuchen, die Bevölkerung auf einen NATO-Beitritt einzustimmen.

Zuletzt unternahm die Verteidigungsministerin einen Vorstoß in diese Richtung, als sie Ende März den Beitritt Österreichs zur Luftabwehr-Initiative der europäischen NATO-Staaten namens „Sky-Shield“ ankündigte. Dass uns dies einiges kosten würde, stehe außer Frage, meint Tanner. Zu den 16 Mrd. Euro, die in den nächsten vier Jahren für das Bundesheer budgetiert sind, kämen noch weitere – angesichts der Teuerungen, mit denen ihre Partei den Menschen gerade das Leben schwermacht, ist dies der blanke Hohn.

Die Initiative der Ministerin reiht sich nahtlos in eine Serie an Neutralitätsbrüchen wie Waffentransporten durch österreichisches Territorium, Nutzung des österreichischen Luftraumes durch NATO-Flugzeuge etc. ein. All dies nachzulesen auf der „Solidarwerkstatt Linz“-Homepage, die eine Chronologie der Neutralitätsverletzungen seit 1987 zusammengetragen hat.

Neutral sein verpflichtet

Wie die Neutralität aktuell von den verantwortlichen PolitikerInnen interpretiert wird, zeigt sich im Verhalten zum Russland-Ukraine-Krieg. Die KPÖ hat den militärischen Einmarsch Russlands in die Ukraine von Beginn an in aller Deutlichkeit verurteilt. Wie jeder Angriffskrieg ist die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine ein Bruch des Völkerrechts und durch nichts zu rechtfertigen.
Stellungnahmen vom 25.Februar 2022 und 5..März 2022
Mit großer Sorge sehen wir zugleich, dass es so gut wie keine Bemühungen gibt, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen, wozu ein neutraler Staat eigentlich prädestiniert wäre. In ausnahmslos allen „Qualitätsmedien“ wird völlig einseitig und hetzerisch berichtet. Dabei bleibt die Vorgeschichte des Krieges ausgeblendet. Jedes Vorgehen der NATO wird hierzulande – wie schon im Jugoslawien-, Afghanistan-, Irak- und Libyenkrieg – medial und politisch mitgetragen. Dazu kommt, dass Österreich als Mitglied der EU ohnehin indirekt Waffen an die Ukraine liefert.

Auch dies sind Kosten, die die österreichischen SteuerzahlerInnen tragen. Zu klären wäre auch, ob Sanktionen gegen eine der kriegführenden Parteien mit dem Neutralitätsgesetz vereinbar sind, zumal sie nicht von der UNO beschlossen worden sind.

Seit Österreichs EU-Beitritt wächst von vielen Seiten der Druck, die Neutralität über Bord zu werfen. Wenn Österreich schon nicht gleich der NATO beitritt, dann müsse es doch seinen Verpflichtungen innerhalb der EU nachkommen, tönt es vonseiten der Parteien, die die Interessen der Rüstungsindustrie vertreten. Abgesehen davon, dass die EU fast nur mehr aus NATO-Staaten besteht und NATO- und EU-Sicherheitspolitik immer schwerer voneinander zu unterscheiden sind, wäre von österreichischen PolitikerInnen zu erwarten, dass sie – unter Berufung auf die Neutralität – Abrüstungsverträge und Verhandlungen einfordern. Diesen Spielraum gibt es. Dafür braucht es aber politisches Personal, dem Neutralität und Frieden echte Anliegen sind, und das haben wir zurzeit nicht.

Auch nicht in den Reihen der FPÖ, die sich heute zwar als Fürsprecherin der Neutralität aufspielt, aber 1987 die erste Partei war, die gemeinsam mit der Industriellenvereinigung den – damals noch – EG-Beitritt Österreichs forderte.