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Autobahnbau, um Verkehr und ASFINAG Gewinn zu steigern?

  • Dienstag, 10. November 2020 @ 17:06
Keine neuen Autobahnen! Wir wählen stattdessen Mobilitätswende und Klimaschutz! – Ein Gastbeitrag von Jutta Matysek

Während Wien in seinem Masterplan Verkehr vorsieht, bis 2025 den Anteil des motorisierten Individualverkehrs an den zurückgelegten Wegen auf unter 20 % zu drücken, scheint die staatliche Autobahngesellschaft genau in die gegenteilige Richtung zu arbeiten: Die ASFINAG will Transitschneisen für interkontinentalen Schwerverkehr bauen. Und das, obwohl Österreich schon jetzt mehr Straßenkilometer pro Kopf hat als Deutschland oder die Schweiz und der schlimmste Bodenvernichter in ganz Europa ist.

Das - laut unabhängiger Expert*innen mit 3 – 4 Mrd. sicherlich teuerste – Autobahn-Neubauprojekt, das hier geplant ist, ist die „Lobau-Autobahn".
Es war schon 2001 mit dem Bemühen Wien als „TEN-Knoten ( TEN = Transeuropäische Netze )“ zu positionieren, begründet worden. Eine „Lobau-Autobahn" wäre Nord-Süd Transitschneise, die ebenfalls geplante „Europa Spange" mit einer Waldviertelautobahn und einer Marchfeldschnellstrasse Ost-West Transitstrecke für interkontinentalen Schwerverkehr. Dass unter diesen Voraussetzungen eine Verkehrsentlastung für Wien sicher nicht stattfinden wird, liegt auf der Hand. Bei der „Lobau-Autobahn"n geht die ASFINAG selbst davon aus, dass diese 2035 schon so überlastet sein würde, dass es durchschnittlich eine Stunde Stau pro Werktag im Tunnel geben würde.

ASFINAG bestätigt selbst: Mehr Straßen – mehr Verkehr

In ihrem Blog zum Thema Stau gibt die Asfinag einige bemerkenswerte Sager von sich:
„Der Ausbau des Streckennetzes lindert das Stauproblem aber nicht nachhaltig. Die Erfahrung zeigt: Je breiter die Straßen, desto größer wird das Verkehrsaufkommen. Das bedeutet, dass neue Staus nur eine Frage der Zeit sind. Sprich, immer mehr und immer breitere Abschnitte zu bauen, kann nicht die einzige Lösung sein. (…) Auch die Verkehrswende ist ein interessantes Mittel zur Stauvermeidung. Hier ist besonders der Ansatz interessant, den Schwerverkehr teilweise von der Straße auf die Schiene zu verlagern.“

Mehr Verkehr: Für die ASFINAG „ein bisschen Selbstzweck“

Wozu die ASFINAG neue Autobahnen bauen will, erklärt DI Thomas Schröfelbauer, Projektleiter ASFINAG Bau Management GmbH, im Interview für die Masterarbeit von Nikolai Weber : „Die Asfinag generiert den größten Gewinn durch LKW Verkehr, da LKWs die höchsten kilometerabhängige Mautgebühren bezahlen: „Neue Straßen ziehen Verkehr an. Das ist de facto eine Entwicklung die nicht aufzuhalten und aus Sicht der ASFINAG ein bisschen ein Selbstzweck ist, denn wir leben auch von der Maut. Es ist durchaus der gewünschte Effekt.“

Vergessen wir nicht: Die ASFINAG, deren Namenskürzel für „Autobahnen und Schnellstraßen Finanzierungs Aktien Gesellschaft" steht, ist eine AG. Damit diese mehr Gewinn macht, muss also mehr Verkehr her. Diese AG hat nur einen Aktionär: Die Republik Österreich. Was in einer ASFINAG-Bilanz allerdings nicht drinnen steht, sind die sogenannten „externen Kosten“ des Verkehrs. Denn die zahlt ja nicht die ASFINAG, sondern die Steuerzahler*innen. So rechnen z.B.: Klimaforscher*innen vom Grazer Wegener Center vor: „15 Milliarden Euro an Verlusten würden 2020 durch den Klimawandel im Land verursacht“ (Ergebnis der „COIN-Studie“).

„Plus 60% CO2-Emissionen“ wären durch eine „Lobau-Autobahn" im Untersuchungsgebiet zu erwarten. Dies entspricht rund 0,7% der österreichischen Treibhausgasemissionen. Das ist viel für ein Einzelprojekt und mit einem Klimakurs völlig unvereinbar! Die Satellitenprojekte S8, S1 Spange, Stadtstraße zeigten ein ähnliches Bild. Eine Klima-Bilanz für das gesamte Neubauprogramm existiert nicht. In Scheibchen geteilt wird es durch die UVPs gewunken.

Bei ihrer Bilanzpressekonferenz Bilanzpressekonferenz prognostizierte die ASFINAG wegen COVID 19 einen Rückgang ihrer Einnahmen. Nicht nur für heuer, sie rechnet auch noch länger darüber hinaus, dass die Verkehrszahlen auf ihren Autobahnen nicht mehr dasselbe Niveau wie 2019 erreichen werden. Wozu fragen wir uns, will man dann weitere Autobahnen bauen? Wer wie eine ASFINAG 10,89 Mrd. Euro Schulden hat, sollte nicht planen jedes Jahr 1 Mrd. Euro für Bauen auszugeben. (2020 sind 499 Mio. für Autobahnneubau und 501 Mio. für Sanierung geplant).

Zum Vergleich: Der „Linzer Westring" (A26) wird um knapp 100 Mio. Euro teurer als veranschlagt. Zu Projektstart 2011 hatte man mit 646 Millionen Euro kalkuliert, nun sind es 743 Millionen – also um etwa 15 Prozent bzw. 97 Millionen Euro mehr als geplant. Und eine „Lobau-Autobahn" soll laut ASFINAG seit Jahren gleich viel kosten?

Bei der „Lobau-Autobahn" ist die UVP beim Verwaltungsgerichtshof, die Materierechtsverfahren laufen noch. Bei der „S1 Spange"und „Stadtstraße" läuft ebenfalls die Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Sehr heiß ist gerade das Verfahren rund um die „Marchfeldschnellstrasse" S8: Das Bundesverwaltungsgericht hat den Schluss des Ermittlungsverfahrens erklärt und wird wahrscheinlich noch heuer entscheiden. Mit dem Vorkommen des „Triel", eines akut vom Aussterben bedrohten Vogels, liegt hier ein Genehmigungshindernis vor.

Alle diese Autobahnprojekte müssen jetzt mit einer politischen Entscheidung gekippt werden, bevor es zu spät ist!

Bei der Schnellbahnlinie S80, die die ideale Entlastung für die A23 sein könnte, gibt es auch Neuigkeiten: Nachdem die ÖBB die S80 nicht mehr in der Station Lobau und Hausfeldstrasse halten lässt, ist dasselbe ab Dezember auch bei der Station Matzleinsdorferplatz geplant, obwohl da gerade die U- Bahn hingebaut wird.

Weitere Infos auf der Homepage der BI Rettet die Lobau unter www.lobau.org oder unter facebook: Stop Lobau-Autobahn.