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Bürgerbeteiligung in Wien. Ein persönlicher Erfahrungsbericht.

  • Freitag, 20. Februar 2015 @ 08:17
Gastbeitrag von Dr. Martin Metzenbauer, BI Dittelgasse

In einer lebendigen Metropole wie Wien zu leben, bedeutet auch immer, sich mit Veränderungen auseinander zu setzen. Eine Großstadt ist Dynamik und eine nie enden wollende Baustelle. Damit muss man sich als Bürger einer Kommune arrangieren – und mit den Vor- und Nachteilen leben können.

Wenn sich in einer Stadt Veränderungen ergeben, von denen Betroffene der Meinung sind, dass sie insgesamt mehr Nach- als Vorteile bringen, so soll es in einer funktionierenden Gemeinschaft auch möglich sein, diese Bedenken zu artikulieren und gehört zu werden. In Wien gibt es dazu seit noch nicht zu langer Zeit das Instrument der Petition – und auch der Wunsch nach Partizipation wird von den Politikern zumindest in den Medien gerne geäußert. An sich vernünftig und logisch, da man durch die Beteiligung der Bürger Probleme besser erkennen und Projekte insgesamt besser gestalten kann.

Wie sieht es damit in der Praxis aus?

Der Autor dieses Erfahrungsberichtes hat im Vorjahr mit einer Reihe von Mitstreitern eine überparteiliche Bürgerinitiative gegründet – mit dem Ziel, auf die Probleme, die durch ein geplantes großes Wohnprojekt hervor gerufen werden, aufmerksam zu machen. In erster Linie ging es um Verkehrsbelastung, Umweltaspekte, Sicherheitsthemen, aber auch um Infrastrukturfragen wie ungenügende ärztliche Versorgung.

Diese Themenkreise wurden auf einer Website (www.dittelgasse.at) in sachlicher Art aufgearbeitet. Die Anrainer wurden motiviert, einerseits ihre Bedenken auf offiziellem Wege zu deponieren. Andererseits wurden auch in kurzer Zeit mehr als 1.600 Unterschriften gesammelt, um sich mit einer Petition an die Politik zu wenden. Daneben wurde auch das persönliche Gespräch mit allen Bezirksparteien sowie der Bezirksvorstehung gesucht. Interessanterweise wurden unsere Einwände von Vertretern jeder politischen Couleur zumindest teilweise verstanden.

Aktive Unterstützung gab es allerdings vorranging von der Opposition.

Eine erste große Enttäuschung gab es, als der Bauausschuss des Bezirkes das Projekt absegnete: Die SPÖ konnte sich hier aufgrund ihres Dirimierungsrechtes gegen die Stimmen der FPÖ, Grünen und ÖVP durchsetzen und empfahl der Bezirksvertretung, die notwendige Änderung des Flächenwidmungsplanes abzusegnen. Das OK dafür kam dann auch erwartungsgemäß von Seiten des Bezirksparlaments. Letzteres stellte sich übrigens für einen Außenstehenden sehr ungewöhnlich dar – statt konstruktiver Diskussion hagelte es zwischen den Parteien Untergriffe und Gehässigkeiten. Eigentlich traurig.

Später wurde uns auch zugehört

Nach diesem Dämpfer setzte sich unsere Arbeit auf Rathausebene fort – unsere Unterschriften wurden an den Petitionsausschuss übergeben. Parallel haben wir um einen Gesprächstermin bei Frau Vassilakou, der zuständigen Stadträtin, ersucht. Dieser Wunsch wurde über lange Zeit ignoriert, bis wir letztlich – nachdem wir unseren Unmut auch öffentlich ausgesprochen haben – doch eingeladen wurden. Dieses Gespräch verlief dann durchaus konstruktiv, da die Vizebürgermeisterin einige Änderungsvorschläge aufgegriffen hat– darunter die Bauhöhe, eine (wenn auch nur geringe) Reduzierung der Wohneinheiten sowie mehrere andere Kleinigkeiten, die aber für die Akzeptanz des Projektes nicht unwichtig sind. Besonders wichtig war dabei aber, dass sie erkannt hat, dass in der Gegend Handlungsbedarf hinsichtlich des Verkehrs besteht – sie hat zugesagt, sich persönlich um eine Lösung zu kümmern.

Die letzte bisherige Aktion war dann noch eine Vorsprache vor dem Petitionsausschuss, wo noch einmal unsere Argumente gehört wurden. Wie erwartet, wurde die Änderung des adaptierten Flächenwidmungsplanes abgesegnet.

Fazit

Obwohl wir letztlich unsere Forderungen nicht zu 100 Prozent durchsetzen konnten, haben wir doch einige Erfolge und Veränderungen zum Guten erreicht. Allerdings war der Weg dorthin kein leichter. Ernst genommen wurden wir nicht von Anfang an, sondern durch Beharrlichkeit, Medienarbeit und vor allem durch gute und fundiert aufgearbeitete Argumente, die dann – zumindest teilweise – auch in entsprechende Änderungen des Projektes eingeflossen sind. Darüber hinaus hoffen wir durch unsere Art der Bürgerbeteiligung, uns auch künftig bei den Verkehrsfragen sowie den Detailplänen dieses Projektes konstruktiv einbringen zu können.