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Wo viel Licht ist, ist starker Schatten

  • Dienstag, 23. Dezember 2014 @ 09:53
Das Angebot der ÖBB im Nahverkehr lässt nach wie vor viel zu wünschen übrig.

Es ist sicher kein Fehler, dass man seit dem jüngsten Fahrplanwechsel bei den ÖBB direkt von Graz nach Prag fahren kann; und dass man mit dem Zug von Wien die tschechische Hauptstadt viel schneller als bisher erreicht, stört ebenso wenig jemanden wie der Umstand, dass man aus Linz direkt zum Flughafen Wien-Schwechat kommt.

Ebenso wenig wird es jemanden stören, dass viele Fahrten, die in den letzten Jahren in Meidling angetreten werden mussten, nunmehr am Hauptbahnhof – mit allen seinen Vor- und Nachteilen – beginnen.

Der neue Fahrplan und die richtige Inbetriebnahme des Hauptbahnhofes bringen tatsächlich beachtliche Verbesserungen, diese helfen allerdings demjenigen, der tagtäglich auf die Bahn angewiesen ist, um zur Arbeit oder in die Schule zu fahren, gar nicht. Wer auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist, kann daher der Eigenwerbung der Bundesbahnen nur wenig abgewinnen. Im Gegenteil er empfindet sie als ärgerlich und provokant.

Besonders ärgerlich ist das Angebot der ÖBB auf dem Marchegger Ast der Ostbahn. Das ist an sich nichts Neues. Als Tüpfelchen auf dem I ist allerdings nun die Schließung der Haltestelle Lobau hinzugetreten. Seit 14. Dezember dürfen die Anrainer, die bislang von dort nach Simmering gefahren sind, zwanzig Minuten zur Station Stadlau (zurück)gehen.

Bild: Sammlung zum Protestmarsch am 13.12. gegen die Schließung der S80-Haltetstelle Lobau - für den Kaktus war Walther Leeb dabei

S80 Station Lobau - bereits das zweite Mal aufgelassen

Wie die Bürgerinitiative S 80 Lobau hierzu berichtet, ist das bereits das zweite Mal, dass diese für viele Menschen wichtige Station aufgelassen worden ist. Im Jahr 1995 hatten die ÖBB die durch den Bau des Kraftwerkes Freudenau notwendig gewordene Hebung der Eisenbahnanlagen als Vorwand genommen, jetzt sind es die „enormen Kosten“, die angeblich zur Aufrechterhaltung der Haltestelle erforderlich wären.

Über die geradezu perfide Art und Weise, auf welche mit den Vertretern der Bürgerinitiative umgegangen worden ist, soll hier gar nicht eingegangen werden. Nur soviel: Während das Mediationsverfahren (dieses hat beträchtliche Kosten verursacht) noch im Laufen gewesen ist, ist die Entscheidung über die Auflassung der Station Lobau bereits gefallen gewesen, ohne dass man das jemandem gesagt hätte – also nicht nur eine Geld-, sondern auch eine Zeitverschwendung!

Kümmerliches Dasein für die Strecken nach Marchegg

Überhaupt kommt man sich als derjenige, der auf die „Leistungen“ der Bahn auf dem Marchegger Ast der Ostbahn angewiesen ist, als Mensch zweiter Klasse vor. Während es nach Neusiedl, Bruck, Wiener Neustadt, St. Pölten, Hollabrunn, Mistelbach usw., ja sogar bis ins Ausland nach Znaim Zugverbindungen nach einem Taktfahrplan gibt, fristet die Strecke nach Marchegg ein kümmerliches Dasein. Und die Verbindungen sind im Laufe der Zeit nicht nur nicht besser, sondern deutlich schlechter geworden. Die Zeiten, wo wenigstens alle zwanzig Minuten ein Zug – und das bis zur Hausfeldstraße – gefahren ist, sind lange vorbei.

Die Schuld daran trifft aber nicht nur die ÖBB. Auch der Wiener Verkehrspolitik kann der Vorwurf, sich um diese Strecke nicht zu kümmern, nicht erspart bleiben. Man wird den Verdacht nicht los, dass man sich im Rathaus denkt: „Jetzt haben wir euch die U2 hingestellt, also gebt eine Ruhe!“

Hierzu nur ein Bonmot. Eine Vertreterin der Stadt Wien im Rahmen des erwähnten Mediationsverfahrens, Frau Dipl.Ing. Jilka, hat die Schließung der Station Lobau unter anderem damit begründet, dass die Schnellbahn ein Verkehrsmittel für die überregionale, nicht für die Innerstädtische Erschließung wäre. Da stellt sich z.B. die Frage, welche überregionale Aufgaben die S 45, die bekanntlich von Hütteldorf zum Handelskai verkehrt, erfüllt. Sie verkehrt im Übrigen im 15-Minuten-Takt, wovon man an der Marchegger Ostbahn nur träumen kann.

Vor kurzem versprochen, schon gebrochen?

In einem Prospekt, mit dem die Seestadt Aspern beworben worden ist, ist für das Jahr 2013 angekündigt worden, dass die S 80 bis zur Station Aspern-Nord fahren würde. Von einer Verwirklichung dieses Versprechens ist allerdings weit und bereit ebenso wenig zu sehen wie vom zweigleisigen Ausbau der Strecke von Stadlau an die slowakische Grenze. Von diesem ist seit Jahrzehnten die Rede, Priorität hat für das Verkehrsministerium aber offenbar die Marchegger Schnellstraße.

Die S 80 endet daher – wie schon seit mehreren Jahren – in Hirschstetten, in der provisorischen Haltestelle Hausfeldstraße halten nur die Züge von und nach Bratislava und Regionalzüge. Und das, obwohl nur jeder zweite Zug der U2 zur Hausfeldstraße fährt, in deren Einzugsgebiet einige tausend Menschen wohnen!

Alternierende Intervalle von 25 und 35 Minuten laden ebenso wenig dazu ein, die S80 für Fahrten von Hirschstetten zum Hauptbahnhof oder nach Meidling zu verwenden wie z.B. der Umstand, dass man nach dem Zug um 18 Uhr 45 eine volle Stunde auf den nächsten warten muss. Da werden viele nach Alternativen suchen, auch wenn sich mit dem 22A und dem 95A nur wenig Attraktives anbietet. Wer weiß, ob die ÖBB nicht darauf hinarbeitet, demnächst Fahrgastzählungen zu machen, um eine zu geringe Frequenz bei der Station Hirschstetten festzustellen, um daraufhin die nächste Haltestelle zu schließen. Nach den Erfahrungen in der Lobau kein unvorstellbares, nur ein unglaubliches Szenario.

Erfreulich ist, dass die Bürgerinitiative S 80 Lobau nicht locker lässt. Offenbar ist ein brauchbares Anbot im öffentlichen Nahverkehr ohne steten Druck von unten nicht zu bewirken.