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Ein Leserbrief an die U-Bahn-Gratiszeitung "Heute" zum Artikel "Familieres Ambiente in Stadlau"

  • Samstag, 26. Juli 2008 @ 06:12
Wohnen Unter dem Titel "Unerfreuliche Bautätigkeit" hat der Kaktus über einen Wohnhausneubau an der Adresse Hausgrundweg 31 berichtet. Viele MieterInnen des ebenfalls neugebauten Wohnhauses der Siedlungsunion fühlen sich durch den Neubau massiv beeinträchtigt. Das zeigen auch zahlreiche Reaktionen der Betroffenen auf unseren Bericht. Vor 10 Tagen wurde der kritisierte Neubau in einer Wohnungsbeilage in der Gratiszeitung "Heute" beworben. Dr Walther Leeb aus dem Kaktusteam hat dazu einen LeserInnebrief an "Heute" verfasst, den wir hier dokumentieren. AHW Verlags GmbH
Frau Dr. Eva Dichand
Heiligenstädter Straße 52
1190 Wien
Wien, am 25.7.2008

Betrifft: "Heute" Ausgabe Nr 966 vom 15. Juli 2008; Artikel "Familiäres Ambiente in Stadlau"

Sehr geehrte Frau Doktor!

Oben angeführter Beitrag lässt mir nachstehende Bemerkungen unerlässlich erscheinen, wobei ich vorausschicken möchte, dass ich zwar Mitglied des im weiteren erwähnten Kleingartenvereins, aber nicht unmittelbar Betroffener bin und daher durch den von Ihnen angepriesenen Bau nicht persönlich beeinträchtigt bin. Ungeachtet dessen fühle ich mich durch den Beitrag unangenehm berührt.

Ich sehe durchaus ein, dass eine Zeitung wie "Heute" auf bezahlte Anzeigen angewiesen ist. Wenn Sie allerdings den Eindruck erwecken, es handle sich um einen Artikel der Redaktion - wem fällt schon das Wort "Promotion" am Rand des Beitrages auf ? - sollte doch zumindest ein gewisses Maß an Objektivität gewahrt sein.

Abgesehen davon, dass die ein Drittel der Seite einnehmende Fotomontage des Bauvorhabens den fälschlichen Eindruck erweckt, es handelte sich um ein in die Vorstadt passendes Haus mit zwei Stockwerken und Mansarden, während in Wahrheit ein fünfgeschossiger Block, der sein Umfeld gleichsam erschlägt, errichtet wird, ist dem Projekt und der "Promotion" folgendes entgegen zu halten:

Ein nicht unwesentlicher Teil der Wohnungen, nämlich der in den unteren Geschoßen, wird düster sein, ebenso die angepriesenen "Gärten", in die andere Bewohner des Hauses hineinsehen werden. Mit dem Bau werden die im dahinterliegenden Neubau der Siedlungsunion gelegenen kleinen Vorgärten zu dunklen Bereichen, in denen nur selten die Sonne scheint und die kaum zum Verweilen einladen. Fast allen Bewohnern die Aussicht genommen werden sich die Nutzer beider Bauten den Blicken der jeweiligen Nachbarn ausgesetzt sehen. Mit anderen Worten: Im Vorfeld der Lobau, auf dem Areal eines ehemals als Garten genutzten Grundstückes, wird ähnlich dicht verbaut wie Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den Innenbezirken. Und dieses Ergebnis einer verfehlten Flächenwidmung und einer bedenklichen Bebauung wird in Ihrer Zeitschrift auch noch als Errungenschaft beworben und mit dem verfehlten Titel "Familiäres Wohnen" versehen!

Die sich nach Westen zu den Kleingärten orientierenden Wohnräume mögen in den oberen Stockwerken in der Tat hell sein. Ob es der Weisheit letzter Schluss ist, den Kleingärtnern gleichsam auf den Mittagstisch schauen zu dürfen/müssen, mag dahingestellt sein. Auch sieht der Flächenwidmungsplan unter den Wohnzimmerfenstern Parkplätze des Kleingartenvereins "Am Ries" vor, es droht somit eines Tages das "Ambiente" parkender Autos. Dies wird im gegenständlichen Beitrag vollkommen verschwiegen und ist allfälligen Interessenten vermutlich unbekannt.

Aber das alles ist von Ihnen offensichtlich nicht recherchiert worden. Es handelt sich schließlich um "Promotion".

Wie einleitend ausgeführt - ich habe Verständnis für Werbeeinschaltungen, aber auf ein gewisses Maß an Objektivität sollte bei Entgegennahme solcher geachtet wer-den. Jedenfalls dann, wenn nicht klar ersichtlich ist, dass es sich um Reklame handelt. Andernfalls leidet der Ruf der Druckschrift.

Es wundert mich nicht, dass der Bau beworben wird. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die unteren Wohnungen ohne weiteres an den Mann bzw. die Frau ge-bracht werden können.

Gestern habe ich übrigens als Gast an einer Mieterversammlung der Bewohner des Nachbarhauses teilgenommen. In Bezug auf die Gärten ist mehrfach das Wort "Frechheit" gefallen. Braucht dem noch etwas hinzugefügt zu werden?

Ich zeichne
mit freundlichen Grüßen
Dr. Walther Leeb.