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Kommt die Autobahn her, ist das Wasser hin?

  • Sonntag, 6. April 2008 @ 07:10
Keine neuen Autobahnen! Fragen, die sich AnrainerInnen der S1, aber auch der geplanten A23-neu, stellen!

Diese Frage stellen sich betroffene AnrainerInnen der Lobauautobahn aus Groß Enzersdorf. Die gleiche Frage bewegt aber auch viele AnrainerInnen der entlang des Marchegger Astes der Ostbahn geplanten Verlängerung der A23 (früher B3d genannt).

Um sich auch in dieser Frage auf aktuellem Stand zu halten, nahm Johann Höllisch für den Kaktus an einer Veranstaltung der "Bürgerinitiative Marchfeld - Groß Enzersdorf - N E I N zur Lobau-Autobahn!" teil. Am 14.03 war dort Dr. Josef Lueger, Ingenieurgeologe & Sachverständiger: Autobahnbau und Grundwasser zu Gast und stand für Anfragen und Diskussion zur Verfügung.

Bei der Veranstaltung ebenfalls anwesend war Jutta Matysek, Sprecherin der überparteilichen Bürgerinitiative "Rettet die Lobau - Natur statt Beton". Am 28.04.2008 ladet ihre überparteiliche BürgerInneninitiative zu einer BürgerInnenversammlung der Anrainer der A23 (neu) ein. Mit ihr führte Johann Höllisch folgendes Interview: Kaktus: Liebe Jutta! Wie würdest Du das Ergebnis der Diskussion in Groß Enzersdorf für unsere KaktusleserInnen und jene, die von den Auswirkungen auf das Grundwasser durch die geplante Lobauautobahn S1 direkt betroffen sind, und jene, die als Anrainer der verlängerten A23, die ebenfalls Beeinträchtigungen für ihre Brunnen in den Gärten ihrer Genossenschaftssiedlungen fürchten, zusammenfassen?

Jutta: Wo die Tunnel abtauchen würden, müssten Spundwände bis zu einer Tiefe von 60 Metern in die Erde gerammt werden. Die würden auch nach dem Bau dort verbleiben und das Grundwasser in einem Umkreis von mehr als 1 Kilometer trichterförmig absenken. Auf über 500 Meter Länge wäre der Grundwasserstrom auf Dauer unterbrochen. Auf der Westseite würde sich ein Anstau bilden, auf der Ostseite ein Abfluss. Dh.: Auf der einen Seite fallen die Brunnen trocken, auf der anderen werden die Keller feucht. Die ASFINAG will dem Grundwasser durch Rohre sozusagen einen Weg geben. Wir sagen: Wie viele Rohre und in mit welchem Durchmesser könnten jemals das freie Fließen des Grundwassers ersetzen? Und wie sollen die in mehr als 60 Meter Tiefe ständig gewartet werden, damit sie nicht durch vom Wasser mittransportiertes Material verstopfen? Das kann nur völlig unzureichend sein.

In der Lobau selbst geht es um nicht mehr oder weniger als die Trinkwasserversorgung von Wien in Notzeiten. (z.B.: Wien wurde nach dem Supergau in Tschernobyl mit Lobau Grundwasser versorgt weil Hochquellwasser nicht sicher war.) Dieses kostbare Wasser könnte, wie es in Norwegen und Schweden passiert ist, durch Stützflüssigkeiten vergiftet werden, die Zementsuspensionen würden den pH-Wert des Grundwassers im Nationalpark verändern.

Der Lebensraum Grundwasser ist nach der Grundwasserrichtlinie der EU (die Österreich umsetzen muss) ein Schutzgut. Nur 1 -5 % der im Grundwasser lebenden Lebewesen sind überhaupt bekannt (in der Lobau weiß man gar nichts über diese Lebewesen und ihre Zusammenhänge. Wahrscheinlich auch deshalb weil eine Grundwasserprobe ohne Verunreinigungen von der Oberfläche zwischen 500 und 1000 Euro kostet) Diese unbekannte Welt aus der unser hochwertigstes Trinkwasser kommt, droht zerstört zu werden, bevor sie überhaupt erforscht wurde.

Auch entlang der verlängerten A 23 würde überall, wo die Straße in Tieflage verläuft, das Grundwasser mittels Spundwänden beeinträchtigt und es drohen Brunnen, trocken zu fallen (Vermutlich auf der Südseite, im Norden rechnen wir mit nassen Kellern)

Kaktus: Für den Fall, dass dies Alles zutrifft: Welche Möglichkeiten stehen einem Besitzer eines Brunnens im Falle, dass dieser in Folge des Autobahnbaus versiegen sollte, offen, vom Autobahnbetreiber Schadenersatz zu fordern?

Jutta: Man sollte unbedingt noch vor einem Baubeginn von der Asfinag ein Beweissicherungsverfahren verlangen, um den Zustand von Brunnen, Kellern, Wasserqualität und Menge schriftlich zu haben.

Kaktus: Im letzten Jahr hat der Kaktus zum Thema Verlängerung der A23 in einer Sondernummer über eine im März des Vorjahres stattgefundene Ausstellung der ASFINAG im Haus der Begegnung Donaustadt berichtet.(siehe Kaktusbeiträge vom 19.März 2007 und 21.Mai 2007) Die damals ausgestellten Pläne, aus denen entnommen werden konnte, dass es in der Zwischenzeit an Stelle einer ursprünglichen Tunnelvariante zu einer in Tieflage geführten offenen Streckenführung der Autobahn südlich der Ostbahn kommen soll, haben bei betroffenen AnrainerInnen viele Fragen und besorgte Reaktionen ausgelöst. Seither ist es, wie leider so oft im Leben aber wieder recht still dazu geworden. Was würdest Du aus Sicht Deiner überparteilichen Bürgerinitiative allen Betroffenen konkret vorschlagen?

Jutta: Ich habe den Eindruck, dass viele, die an der geplanten A23 Verlängerung leben, sich noch nicht wirklich bewusst sind, dass hier eine neue Ost - West Transitschneise droht. Die geplante S1 mit Lobauquerung soll eine Nord-Süd Transitschneise werden. Wer nicht jetzt aktiv für eine andere Verkehrsplanung wird, wird sich in nur wenigen Jahren im Fadenkreuz des internationalen Schwerverkehrs wieder finden.

Prinzipiell: Abgase werden in einem Tunnel nicht weniger. Sie gelangen am Tunnelportal an die Oberfläche und verteilen sich mit den Luftbewegungen. Die Anrainer kriegen immer am meisten ab. Wien und weite Teile Niederösterreichs sind jetzt schon Feinstaub-, Ozon- und Stickoxidsanierungsgebiet. Dh. die Schadstoffsituation ist jetzt schon gesundheitsschädlich. Österreichs führende Klimaexpertin Helga Krom-Kolb rät aufgrund des rasant fortschreitenden Klimawandels, keinen Meter Autobahn mehr zu bauen, sondern im Gegenteil bestehende Autobahnen rückzubauen! (siehe auch unseren Kaktusbeitrag vom 07.03.2008)

Weiters: Die Asfinag hat mehrfach angekündigt, bei Lärmschutzmaßnahmen und Naturschutzausgleichsmaßnahmen sparen zu wollen. Das ist das Ergebnis: Schutz für Betroffene wird es in Zukunft immer weniger geben, wenn Autobahnen gebaut werden.

Deshalb: Lasst es gar nicht erst dazu kommen, dass Autobahnen gebaut werden! Informiert Euch (z.B.: auf www.lobau.org). Glaubt keiner Asfinag, die umso mehr Geld verdient, je mehr Verkehr rollt. Schließt Euch zusammen, schreibt Briefe, beschwert Euch bei den zuständigen Politikern, bei den Medien, informiert andere, kommt zu Bürgerinitiativentreffen, macht Aktionen! Je mehr Leute aktiv werden, desto größer unsere Chancen!

Kaktus:Danke für das Gespräch! Wir sehen uns also am Montag, 28. April 2008 um 19 Uhr im Gasthaus Seiler,1220 Wien, Heidjöchl 14 (im Gemeindebau vis a vis Billa), zu der von Euch geplanten überparteilichen Informationsveranstaltung. Hoffentlich auch mit möglichst vielen der besorgten und von dieser geplanten neuen Autobahn betroffenen AnrainerInnen. Bis dahin auf Wiedersehen!