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Eine Umweltverträglichkeitsverhandlung mit Keuschheitsgelübde

  • Donnerstag, 4. Mai 2023 @ 14:00
Ein dem KAKTUS zugegangener Bericht eines Verhandlungsteilnehmers

Wer als erfahrener umweltrechtlich aktiver Bürger an der Verhandlung des Städtebauprojekts Hausfeld teilnehmen konnte, was eigentlich nicht erwünscht war, der konnte ein Novum in der Verhandlungsführung der Wiener MA22 erleben. Durch bewusste Platzierung der beiden Termine, war ein wichtiger Akteur im Verfahren, die NGO Virus nicht vertreten und zusätzlich gab es ein streng gefasstes Drehbuch, welches schriftlich verlesen wurde und jeden Schritt regelte.

Zufällig waren die Verhandlungstage so gelegt, dass zeitgleich wichtige Großverfahren auf bundesrechtlicher Ebene für die NGO Virus zu bestreiten waren und darüber hinaus wurde das UVP-Recht durch die MA22 so interpretiert, dass neue fachliche Vorbringen und rechtliche Einwendungen nicht mehr zugelassen wurden. Im Stakkato wurden dann die etwa zwanzig Sachverständigen aufgefordert ihre Beurteilungen in Kurzform abzuhandeln und unmittelbar danach die zwei Bürgerinitiativen-Vertreter bzw. sowie jener des Forums Wissenschaft und Umwelt aufgefordert ihre Vorbringen zu machen.

Eine junge, adrette Juristin vom Format der weisungsgebundenen Beamtin achtete peinlichst genau darauf, dass die ins Mikrofon gesprochenen Worte nur jene Aspekte betrafen, die zuvor schon in schriftlichen Stellungnahmen thematisiert wurden bzw. vertieft angesprochen wurden. Es gab zwar ein wenig Spielraum, speziell dann, wenn sich der Rechtsanwalt des Projektwerbers zu Wort meldete, aber grundsätzlich lag die omnipräsente Aufforderung zum sparsamen Umgang mit Kritik im Raum, wie Weihrauch zur geruchlichen Untermauerung eines Keuschheitsgelübdes.

Auch ein schuldbewusster Umgang beim Aufkommen von Zusatzfragen wurde vorausgesetzt und bei etwaigen Verstößen mit großzügigem Lächeln exekutiert. Auf diese Art und Weise wurde ein inoffizieller UVP-Verhandlungsrekord aufgestellt und der zweite Verhandlungstag um 11:15 Uhr geschlossen und das Beweisermittlungsverfahren beendet.

Was sich anhört wie die humoristische Abstraktion bei der MA24-12, war für den steuerzahlenden Bürger und Finanzier des Behördenapparats die neue Normalität der Wiener Umweltabteilung geworden, die manchem der AktivistInnen tatsächlich die Sprache verschlug.

Was bleibt am Ende von einem UVP-Recht, das durch Anlassgesetzgebung ausgehöhlt und durch willfährige, weisungsgebundene Beamte zum Keuschheitsgelübde für kritische Bürger umfunktioniert wurde?

Jedenfalls der Rechtsweg zum Bundesverwaltungsgericht, wo mit viel Glück ein Berufsrichterkollegium wenigsten um den Anschein von Unabhängigkeit bemüht ist. Was lernen wir aus der Geschichte? Das eine unbedacht gemachte Aussage eines Politikers „…das Recht habe der Politik zu folgen“ unter SCHWARZ-GRÜN im Bund, genauso wie unter ROT-PINK in Wien zur Realität geworden ist.

Heinz