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Stellungnahme der Mehrzahl der Siedlervereine der Donaustadt – Bezirksorganisation Donaustadt – zur Stadtstraße Aspern

  • Dienstag, 23. November 2021 @ 15:06
Die Gründe und der Werdegang des Vorschlages der Siedlervereine (SV) der Donaustadt zur Bewältigung des Individualverkehrs am Nord-Ost-Rand von Wien im Hinblick auf die steigende Besiedelung in der Donaustadt und im umliegenden Speckgürtel in Niederösterreich – ein Teil der langen Geschichte dahinter in möglichst kurzem Überblick:

Bereits Ende der 1980 Jahre, noch bevor die Stadterweiterungsambitionen der Stadt Wien bekannt geworden waren, war die Breitenleerstraße vom Verkehr stark belastet, weswegen sich der Vorstand des SV-An der Breitenleerstraße gemeinsam mit dem SV- Aspern-Hausfeld, dem SV-Essling, dem SV-Strassäcker und SV-Jägermais Gedanken machte, wie in Zukunft das noch anwachsende IV (Individualverkehrs)-Geschehen durch geänderte Wege von den Siedlungsgebieten und Ortskernen abgelenkt werden könnte. Wichtig war dabei, eine Anwendung des Florianiprinzipes zu vermeiden, d.h., durch den Wunsch nach eigenem Vorteil andere Bewohner_innen zu belasten. Klar war, dass dies im Ballungsraum so gut wie nicht möglich sein würde, also musste ein Weg gefunden werden, die Belastung anderer Donaustädter_innen so gering wie nur möglich zu halten. Daher muss auch bei Annäherung der Trasse an bewohntes Gebiet für Schutzmaßnahmen gesorgt werden (Tieflage, Erdwälle, Einhausung).

Die Stadt Wien kalkulierte Anfang 1990, auch aufgrund der Ost-Öffnung, mit einem rasanten Anstieg der bis dahin überalterten und sinkenden Stadtbevölkerung - dies hat sich trotz aller Zweifel bis heute als richtig herausgestellt. Daher setzte die Stadtplanung auf Stadterweiterung in der ganzen Stadt. Sie begründete mit dem „BBV-BürgerBeteiligungsVerfahren Marchegger Ast“ Anfang der 1990er Jahre die Möglichkeit, dass Bürger_innen der Nachbarschaft des Flugfeldes Aspern in jahrelangen und engagierten gemeinsamen Besprechungen den Grundstein für etliche Alleinstellungsmerkmale der späteren Seestadt Aspern legen konnten. Von den Bürger_innen eingebracht wurden:
• abgrenzende Grünzonen um die Seestadt
• die Idee, die U2 in die Seestadt zu verlängern
• die Forderung, dieses Stadtentwicklungsgebiet von einer Schlafstadt zu einem funktionierenden, hochwertigen Stadtteil zu entwickeln, wir nannten dies den „9. Ortskern der Donaustadt“
• die Forderung nach Identität und Integration in die bestehenden Siedlungsstrukturen

Die mit Sicherheit größten zusammenhängenden Flächenreserven finden sich im Gebiet der alten Orte, Aspern, Breitenlee und Hirschstetten (mit dem als Expo-Gelände abgelehnten Flugfeld Aspern); dem Oberen- und Unteren Hausfeld und dem großen Areal an der Berresgasse. Im Umkreis von nicht einmal 2 km sollte Lebensraum für etwa 50.000 neue Bewohner_innen (so viele wie die Landeshauptstadt St. Pölten) geschaffen werden.

Wir stehen zu den Stadterweiterungsgebieten und finden richtig, dass hier nach den Prinzipien des Smart City-Konzeptes (Stadt der kurzen Wege, Arbeiten und Leben in räumlicher Nähe) mit Unterstützung und Begleitung von Koordinator_innen für die notwendige Infrastruktur in allen Bereichen gesorgt wird. (z.B. Betreibergesellschaft der Seestadt – 3420).
Erschwert und massiv verschlechtert wird die Situation durch ungeplante, ungeregelte, unreglementierte und großflächige/-volumige Verbauung durch jede Art von Bauträgern, deren Hauptziel es ist, Gelder krisensicher anzulegen ohne auf die Umwelt- und Lebensqualität in der Region Rücksicht zu nehmen.
Andererseits kommt es dadurch, wegen der ins Utopische steigenden Grundstückspreise, zu einem vermehrten Zug ins noch leistbare Umland der Stadt, in den Speckgürtel - was infolge hier und dort zu einer drastischen Vermehrung des IV führt und weiter führen wird.
Ohne weiterhin verstärkten Ausbau des ÖV (öffentlichen Verkehrs) wird die Verkehrssituation ohnehin nicht in den Griff zu bringen sein.

Stadtstraße (Stadt Wien): Die verhärtete Festlegung auf die Stadtstraße (auch schon mal Autobahn - Spange A23 - genannt) quer durch Hirschstetten seitens der Stadt Wien resultiert unserer Meinung nach aus den unüberlegten Vorgaben der wenigen neuen Eigentümer und Kapitalgeber im Planungsgebiet, die eine Straße mit hoher Kapazität in die sonst im Inneren weitgehend verkehrsberuhigten Stadterweiterungen einforderten. - Und die Stadt Wien leistete die Straßenplanung alternativlos und „unverhandelbar“ (WARUM???), scheinbar ohne tatsächliche Ortskenntnisse (das Gebiet über der Donau war bereits vor den Römern das Land der BARBAREN. Napoleon hat es zum blutigen Schlachtfeld gemacht und schließlich war der nordöstliche Teil Wiens bis 1955 die gefürchtete russische Besatzungszone).
Kein Wunder, dass auch im STEP2025 die kostspieligen Verbesserungen für das Stadtleben nicht über die Donau reichen – mit Ausnahme der neuen Stadterweiterungsgebiete. Das entspricht keinesfalls unseren Vorstellungen von einer Win-Win-Situation, die auch für die Stadt ein weltweites Vorzeigeprojekt gebracht hat, das mit der U2-Verlängerung mit ihren Möglichkeiten untrennbar verbunden ist.
Nicht zuletzt diese Ideen ihrer Bürger_innen haben der Stadt Wien jahrelang den Rang der lebenswertesten Stadt der Welt eingebracht. Jetzt, mit der dauernden Ausgrenzung des Ideenpotentials der Bürger_innen, der Expert_innen vor Ort, hat Wien seinen Rang wieder verloren!
Die offizielle Darstellung, durch die Stadtstraße werden die Ortskerne entlastet, wird durch die Verkehrsprognose der MA28 (Straßenverwaltung) selbst und Anderer widerlegt.

Stadtstraße - Siedlervorschlag: Wie oben erwähnt, überlegten die Siedlervereine und andere Anrainer_innen (BBV-Marchegger Ast) die Ableitung des zunehmenden Verkehrs aus den dichter besiedelten Gebieten (später, bei den Verhandlungen zur 3. Piste in Schwechat wurde auch erklärt, die Belastung durch den Flugverkehr im An- und Abflug wird immer Menschen betreffen, aber die Flugrouten werden so gewählt, dass immer die am verhältnismäßig weniger besiedelten Gebiete überflogen werden!).
Es entwickelte sich daraus der Vorschlag, aus der Seestadt Aspern die Ableitung des IV (Individualverkehrs) nach Norden zu bringen, zur inzwischen gebauten Schleife der S2 um Süßenbrunn. Im Anhang finden sich dazu Planvorlagen, die nach unserer Meinung immer noch umsetzbar wären (trotz des zwanghaft installierten, großteils unsichtbaren Norbert Scheed-Waldes).
Außerdem sind die anderen drei Stadterweiterungsgebiete in Aspern und Hirschstetten durch leicht und günstig zu errichtende Stichstraßen anzubinden, denn derzeit münden sämtliche Plangebiete ausschließlich in die Hausfeldstraße. Das wird, sobald die Anrainer_innen das erkennen, zu starken Protesten führen (zuerst machen, zuschauen; dann anpassen – das ist keine vernetzte, zukunftsorientierte, professionelle Planung!)

Nachsatz: Aus den Überlegungen der Siedlervereine entwickelte sich der Vorschlag einer Donauquerung in Form der sog. „Inneren Variante“. Diese Variante wurde von den Expert_innen, die von der Stadt Wien mit der Prüfung beauftragt waren, als die beste der damals vorliegenden Varianten ausgewiesen. Da aber auch Niederösterreich ein Gewerbegebiet im Speckgürtel an der Autobahn (S1-Tunnel) beanspruchte, trafen Bürgermeister Häupl und Landeshauptmann Pröll von sich aus, entgegen den Empfehlungen des Expertenrats, die Entscheidung, die Lobau an der breitesten Stelle anstatt an der schmalsten Stelle zu queren (sog. „Äußere Variante"). Diesem Werk stehen die Siedlervereine mehrheitlich äußerst skeptisch bis ablehnend gegenüber. Wir sind sicher, dass die Stadt Wien, hätte sie damals die „Innere Variante“ gewählt (auch ohne Donauquerung), mit wesentlich weniger Problemen zu kämpfen gehabt hätte. Selbst die großen neuen Bürgerinitiativen gegen die Stadtstraße haben sich erst deshalb gegründet und bis zuletzt einer Trassenführung nach Norden, wie im „BIB-BürgerInnen-Beirat“ 2013 vorgeschlagen, zugestimmt. Es wäre gar nicht zu solch massiven Protesten gekommen!

Zur Erklärung: Beim „BIB-BürgerInnen-Beirat“ 2013 haben die Siedlervereine eine IV-Trasse nach Norden im Bereich der östlichen Überfahrt von der Seestadt über die Ostbahn vorgeschlagen, weiter entlang der stillgelegten Bahntrasse Richtung Breitenleer Verschubbahnhof und weiter zur S2 (entweder entlang der Thujagasse oder parallel zum Friedhofsweg, um dann in die S2 etwa beim Bogen um Süßenbrunn/Aderklaa in die S2 einzubinden). Auf Anregung der Bürger_innen wurde von Expert_innen eine solche Variante gerechnet, allerdings nur mit einer Spur pro Richtung. Da deswegen die Kapazität im Vergleich zur jeweils 2-spurigen, durch Hirschstetten führenden Stadtstraße geringer war, wurde diese Variante von den Moderator_innen des „BIB“ verworfen und abgelehnt. Das hat daraufhin zu anwachsenden Bürger_innen-Protesten geführt.
Die Trasse nach Norden stellt einen Teil der im „BBV-Marchegger Ast" von den Bürger_innen vorgeschlagenen und weiterentwickelten „Inneren Variante“, mit Donauquerung an der schmalsten Stelle der Lobau (die damals noch nicht Nationalpark war), dar.

Generell fordern die Siedlervereine, die Siedlungsgebiete allgemein vom Durchzugsverkehr freizuhalten und die Strukturen der bestehenden Bauklasse I-Gebiete zu beachten und zu erhalten. Wir sind nicht gegen die Stadterweiterung, sie soll aber dort stattfinden, wo die entsprechenden Möglichkeiten bestehen und ohne die bestehenden Qualitäten in den Siedlungsgebieten zu zerstören.

Wolfgang Pollak
Bezirkskoordinator für den 22.Bezirk
der Landesleitung Wien - des Österreichischen Siedlerverbandes
1220 Wien, Enzianweg 5A
Mobil.: +43 660 12345 22

Nachsatz vom 31.10.2021 zur Qualität der geplanten Stadtstraße: Nach der Pressekonferenz „Hintergrundgespräch zur Stadtstraße“ am 25.10.2021

Die Planung der Spange A23 (Autobahn) unterscheidet sich von der nunmehr projektierten Stadtstraße nur darin, dass es aufgrund früherer Proteste zu einer „wesentlichen Kostenreduzierung“ gekommen ist, indem der modernen und gesetzlichen Autobahnqualität die Pannenstreifen gestrichen wurden – „da nun nicht nötig“ - und die Geschwindigkeit auf 50km/h reduziert wurde. (Dadurch wird es gemäß der hellseherischen Planer offenbar nun keine Unfälle und Pannen auf diesem 6.4 km langen Doppelfahrstreifen und in den zwei Tunnels mehr geben – so meinen Planer und Betreiber, denen der Blick in die Zukunft offensichtlich geöffnet worden ist!) Bitte um mehr dieser Sicherheitsversprechen, dann könnte man viel Leid, Unvernunft und Kosten vermeiden. Und vielleicht kann man die Wahrsager umtrainieren, uns auch die Handlungen zur Bekämpfung der Pandemie sicher vorherzusagen, denn dafür sind auch noch „Wissende“ gesucht!).
Ob die neuen Angaben wegen der Tieferlegung der Trasse in den offen geführten Bereichen stimmen, ist anzuzweifeln. Wie wird es nordwestlich der Seestadt, wie am Hausfeld und wie zwischen Hirschstetten, Süßenbrunnerstraße und A23/S2? – also an allen offen liegenden Strecken – aussehen? Welche Lärmschutz- und Umweltschutzmaßnahmen wird es geben?
Der Bau der drei großen weiteren Stadterweiterungsgebiete (Oberes-, Unteres- Hausfeld und Berresgasse) und die im Zusammenhang damit genannten 60.000 neuen Einwohner_innen hängen angeblich vom Bau der Stadtstraße ab. Dabei geschieht die Versorgung aller genannten Gebiete ausschließlich über die pro Richtung, einspurige Hausfeldstraße - und die hat überhaupt keine Anbindung (sondern eine wegreduzierte Ampelkreuzung) an die geplante Stadtstraße! Ein Planer, darauf angesprochen meinte – „man wird sich die Verkehrsentwicklung ansehen - und darauf reagieren". - So stellen wir uns vorausblickende Planung aber nicht vor!
(Vergleiche die Donaustadtstraße vom Donauzentrum bis zur Auffahrt zur Donaubrücke – hier liegt ein viel zu großes Straßen-Monster, da es dereinst für kurze Zeit gebraucht worden ist, als die A23 nach der Tangentenbrücke im 22. Bezirk endete. Was könnten hier für großzügige Sportstätten oder Parks entstehen. Oder vielleicht sogar Wohn- oder Betriebsbereiche mit tadelloser Anbindung an ein hochrangiges IV-Netz? Man könnte beide Richtungsfahrbahnen zusammenlegen und den gewonnen Raum höherwertig nutzen. Die Kreuzung mit der Wagramerstraße würde wesentlich entschärft usw.)

Eine Verkehrsreduktion in den Ortskernen von Essling, Aspern, Hirschstetten und Breitenlee wird sogar nach Prognosen der MA28 nicht funktionieren, besonders, wenn weiterhin Verbauungen der Gebiete im Lobauvorland und der jetzt teilweise noch landwirtschaftlich genutzten Flächen - ohne regulierenden Masterplan für ein Smart City-Konzept - zugelassen werden.
An Ideen seitens der ungefragten Bürgerexpert_innen mangelt es sicher nicht.