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Wir freuen uns! – Über die Stadtstraße - wirklich?

  • Samstag, 5. Dezember 2020 @ 11:26
Ein Kommentar von Bernhard Gaishofer, Bezirkssprecher der KPÖ-Donaustadt

Bei der ersten Sitzung des Verkehrsausschusses der neuen Wiener Stadtregierung wurde der Beginn für das Vergabeverfahren der Stadtstraße beschlossen. Befürworter*innen des mehr als umstrittenen Projektes sehen einen großen Durchbruch und meinen, dass der Realisierung dieses Hochleistungsstraßenprojekts nun nichts mehr im Weg steht.

„Wir Donaustädter freuen uns über den heutigen Beschluss…“, kommentiert SPÖ Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy diese Entwicklung und spart nicht mit der Aufzählung von Vorteilen, welche die Stadtstraße für den Bezirk bringen soll. Angefangen bei einer Verkehrsentlastung und gleichzeitig besserer Verkehrsanbindung der einzelnen Bezirksteile, über eine Aufwertung des Wirtschaftsstandortes und natürlich einer generellen Verbesserung der Lebensqualität der Menschen in der Donaustadt!

Na das klingt ja fein – wenn’s nur so wäre.

Aber um was geht es überhaupt? Bei der geplanten Stadtstraße handelt es sich um eine vierspurige Hochleistungsstraße, welche quer durch Hirschstetten führen und Aspern mit der Süd-Ost-Tangente verbinden soll. Gedacht ist sie als Teil eines großangelegten Straßenbauprojektes, da sie an die Spange Aspern anschließen soll, welche wiederrum die Seestadt mit der geplanten „Nordostumfahrung“ von Süßenbrunn nach Schwechat verbinden soll. Teil dieser Umfahrung soll auch der umstrittene Lobautunnel sein.

Zahlreiche Initiativen(wie z.B. Hirschstetten-retten), Umweltschutzorganisationen, aber auch die KPÖ Donaustadt engagieren sich schon seit Jahren gegen dieses großdimensionierte Projekt, da es in der geplanten Konzeption unter anderem zu noch mehr Verkehr im Bezirk und einer irreparablen Zerstörung von einzelnen Bezirksteilen (sowohl in ökologischer, als auch stadtbaulicher Sicht) führen würde und somit genau die gegenteiligen Effekte von Versprechungen der Projektbetreiber hätte.

Vertauschte Rollen und gebetsmühlenartige Pro Argumente

Interessant an dem jetzigen Beschluss ist, dass er (wenn auch widerwillig, wie in diversen Medien kolportiert) von dem neuen Koalitionspartner der SPÖ, den NEOS mitgetragen wurde. Dies ist insofern spannend, da sie sich bis dato, im Bezirk immer konsequent gegen das Projekt gestellt haben und nicht wenige Donaustädter*innen in sie die Hoffnung gesetzt haben, dass sie auch weiterhin gegen dieses Bauprojekt sind. Doch anscheinend hat sich hier der Wind gedreht.

Siehe dazu auch Kaktus-Beiträge von Margarete Lazar vom 12.11.2020 und vom 26.11.2020

Ein weiterer Wandel ist bei den Grünen, bis vor kurzem noch Koalitionspartner der SPÖ, zu beobachten: Sie haben sich nun schon auf ihre neue Oppositionsrolle eingestellt und kommentieren die Entwicklung in einer Aussendung mit der Aussage „Rot-Pink startet als Betonkoalition“. Damit haben sie durchaus recht, wobei nicht vergessen werden sollte, dass die Pläne der Stadtstraße (auch in der überdimensionierten Form, wie sie kommen soll) von den Grünen auf Gemeindeebene in den vergangenen Jahren mitgetragen wurden.

Was sich nicht verändert hat sind die gebetsmühlenartigen Wiederholungen von den angeblichen Vorteilen, welche die Stadtstraße der Donaustadt bringen wird, seitens der SPÖ. Gerade die Verkehrsentlastung der Ortskerne Hirschstetten, Stadlau und Aspern wird hier gerne ins Feld geführt. Die Krux an der Sache ist nur, dass ein Argument nicht wahrer wird nur weil man es ständig wiederholt! Denn zahlreiche ähnliche Projekte aus anderen Städten zeigen eindeutig: Neue Hochleistungsstraßen ziehen nur neuen (und mehr) Verkehr an. Selbst die ASFINAG gesteht ein, dass die geplanten Hochleistungsstraßenprojekte mittel- und langfristig gesehen nur zu einem noch höheren Verkehrsaufkommen im Bezirk führen werden! (Siehe dazu Kaktus-Beitrag von Jutta Matysek vom 10.11.2020) Dann hätten wir im 22. Bezirk nicht nur die gleiche bzw. eine schlimmere Verkehrssituation als jetzt, sondern als Draufgabe noch eine vierspurige Hochleistungsstraße, welche sich wie ein Riss quer durch Wohn- und Erholungsgebiete zieht.

Abschließend kann wirklich nur gefragt werden, warum die neue SPÖ-NEOS-Stadtregierung mit dieser Entscheidung im Verkehrsausschuss gleich zu ihrem Einstand aktiv gegen ihre eigene Ankündigung eine fortschrittliche „Klimamusterstadt“, wie Kopenhagen oder Oslo zu werden, verstößt? Es wird von Verkehrsentlastung und Lebensqualität gesprochen und gleichzeitig werden Beschlüsse gefasst, um eine vierspurige Hochleistungsstraße, welche quer durch Wohn- und Erholungsgebiete führen soll, beschlossen. Meiner Meinung nach passt da etwas nicht ganz zusammen….

Dabei hätte die Stadtregierung gerade in der Donaustadt zahlreiche Möglichkeiten ihre öko-sozialen Versprechungen zu verwirklichen: Sei dies durch einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sei dies durch eine fortschrittliche Stadtplanung, welche gegen spekulative Bauprojekte und einer damit einher gehenden Zerstörung und Zersiedelung des Bezirks vorgeht, und im Gegensatz dazu durch die Förderung der lokalen Landwirtschaft. Die Möglichkeit (und vor allem auch Notwendigkeit) solche Maßnahmen im 22. Bezirk umzusetzen wäre da und würden sie verwirklicht werden hätten wirklich alle Donaustädter*innen, und nicht nur der Herr Bezirksvorsteher, einen Grund zum Freuen!