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Die letzte Sitzung vor der Wien-Wahl

  • Sonntag, 27. September 2020 @ 14:32
Bezirksvertretung Ein Bericht von Judith Wieser über die Donaustädter Bezirksvertretungssitzung vom 16. September.

Die Sitzungen der Donaustädter Bezirksvertretung werden seit Jahren von Mal zu Mal „eiliger“, kürzer und undurchsichtiger. Daher werde ich, aufgrund der Kürze von nur einer Stunde, der steigenden Intransparenz und der anstehenden Wahl, den Focus mehr auf die Bezirksvertretung an sich legen.

Ein wenig zur „Anatomie“ solcher Sitzungen:

Üblicherweise werden Anträge, die bereits in den Ausschüssen behandelt wurden und zu denen Abstimmungsempfehlungen bestehen, mit Nummer, Thema und gelegentlicher Wortmeldung verlesen und anschließend anhand der Nummer abgestimmt, was wenigstens für flotte, „schriftliche“ Zuhörer*innen nachvollziehbar ist. Mittlerweile herrscht in der Donaustadt aber nicht nur ein erstaunliches Rekordsprechtempo, die verlesenen Anträge der Verkehrskommission wurden diesmal auch nicht anhand der Antragsnummern abgestimmt, sondern mit erster, zweiter, dritter… Bericht, was keine Verfolgung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Parteien mehr ermöglicht, da ohnehin nur die wichtigsten Anträge notiert werden können.

Da Aufzeichnungen, Übertragungen (und sogar Fotografien) ebenfalls verboten sind, ist es wohl mehr als nur ein subjektiver Eindruck, dass Zuhörer*innen, die nicht zu den immer anwesenden Parteifans gehören, möglichst nicht mehr erfahren sollen, was im Bezirksparlament vor sich geht (Das wesentlich später veröffentlichte, trockene Protokoll, erweckt verständlicherweise kaum das Interesse von Privatpersonen). Daher kann dieser Bericht zum Teil etwas fragmentarisch ausfallen.

Verkehrsausschuss

Eine, von der FPÖ gewünschte, Park & Ride- Anlage an der Stadtgrenze wurde zur Ablehnung empfohlen. Aus welchen Gründen - und derer mag es durchaus gute geben (es wäre nicht das erste Mal, dass die FPÖ Anträge stellt, zu denen längst Pläne existieren, oder die aus überzeugenden Gründen verworfen wurden) – aber wer weiß?

Ansonsten wünscht sich die FPÖ wie gehabt überall Parkplätze und dem Neos-Antrag, in der Raphael-Donner-Allee in Essling, einen Gehsteig einzurichten, wurde Zustimmung empfohlen – ob das auch so geschehen ist, werden die Anwohner*innen erfahren, wenn, oder wenn nicht, die Baufahrzeuge anrücken.

Natürlich gab es wie immer, viel Uneinigkeit Radwege betreffend – etwa soll der Radweg in der Johann-Kutschera-Gasse von und zur möglichst autofrei geplanten Seestadt, nach „Blauem“ Willen, Parkplätzen weichen.

Finanzausschuss

Viel Werbe-Zeit wurde allerdings dem Punkt des Budgetvorschlages für 2021 seitens des SPÖ-Vorsitzenden des Finanzausschusses gewidmet, wobei es keinerlei Änderungen gab und lediglich die Ausführungen der vorherigen Bezirksvertretungssitzung, in der die Abstimmung bereits erfolgte, wiederholt wurden. Auch die Absichtserklärung der SPÖ, in der „Corona-Krise“ Arbeitsplätze in der Donaustadt zu sichern, wurde wiederholt, allerdings ohne dass in den letzten drei Monaten auch nur ein Vorschlag dazu ausgearbeitet worden wäre.

Bauausschuss

Der Resolution der FPÖ gegen die derzeitigen Pläne des Bauprojekts Ableidingergrund (Leser*innenbrief) wurde, nicht ohne ein wenig politischen Hick-Hacks, einstimmig zugestimmt. Demnach hatte die ÖVP keinen zulässigen Antrag gestellt und die Grünen dies ganz verabsäumt, weshalb die FPÖ die Lorbeeren für die bestehende überparteiliche Einhelligkeit, „einheimsen“ kann und es wegen des provokanten Auftritts der Blauen, so manchem verständlicherweise schwergefallen ist, mitzustimmen.

Tagesordnung

Coronabedingt sind die Sitzplätze der Bezirksrät*innen auf Einzeltische verteilt, was die Kabelverlegung für Mikrophone unmöglich macht. Wer sich also nicht die Mühe macht, zum Mikrophon nach vorne zu gehen und nicht mit einem entsprechend lauten Organ gesegnet ist, wird im Zuseher*innenraum nicht gehört. So erging es der Grünen-Resolution gegen Rassismus – im Zusammenhang mit der ‚Black Lives Matter‘-Bewegung.

Natürlich kam seitens der Freiheitlichen der Vorwurf des Wahlkampfaktionismus und - ganz im Sinne des „Whataboutism“ - die Frage, was mit den amerikanischen ‚Whites Lives Matter‘ und ‚Blue Lives Matter‘ (die polizeiliche Gegenbewegung) – Initiativen sei und ob nicht ‚All Lives Matter‘ das einzig Richtige sei. Es sollte unnötig sein zu erklären, dass selbstverständlich jedes Leben gleichen Wert hat, aber die Solidarisierung mit besonders gefährdeten, unterdrückten und benachteiligten Menschen, Vorrang hat. Eine ‚White Lives‘ oder ‚Blue Lives‘- Matter-Bewegung (die, wenig überraschend, von rechten und konservativen Kreisen ausgehen), versucht lediglich eine angebliche Gerechtigkeit herzustellen, einzig zu dem Zweck, die überdeutlichen Ungerechtigkeiten und Repressionen unsichtbar zu machen.

So konnte auch die Bezirks-FPÖ, die dazu sonst wenig Gelegenheit bekommt, noch ihre fragwürdigen weltanschaulichen Positionen wahlkampftechnisch festhalten.

Zum Status quo

Charakteristisch für das allgemeine Geschehen, präsentiert sich das Donaustädter Bezirksparlament auch in der letzten Sitzung vor der Wien-Wahl am 12. Oktober, als eine groteske Mischung aus Kleinkrämerei und dem Bezirk übergeordneter Politik, während jede Fraktion die „großen“ Bezirksthemen außen vor gelassen hat und niemand versucht hat, sich mit visionären oder auch nur notwendigen Ideen zu präsentieren, die die Einwohner*innen des Bezirks auf breiterer Ebene mitreißen könnten.

Für die ÖVP war die Begrünung von Wartehäuschen der wichtigste Punkt – und ein Streit mit den Grünen, wer dazu erstmalig einen Antrag verfasst hatte. Obwohl dem längst zugestimmt wurde, war nicht einmal die Antragspartei „dahinter“, dass es auch zur Ausführung kommt, beklagt dies aber zugleich.

Da die SPÖ mit ihrer „Erhaltung und Förderung“ von Arbeitsplätzen (ohne Vorschläge) hausiert, fand ich es „spannend“, dass weder ÖVP, noch Grüne oder NEOS, konkrete Vorschläge vorgebracht oder deren nicht Vorhandensein auch nur angemerkt haben.

Seit Jahren liegt die Forderung nach einem ordentlichen, konstruktiven Verkehrskonzept für den gesamten Bezirk auf dem Tisch, aber niemand macht sich die Mühe, mit einem Entwurf zu beginnen. Die Austrocknung der Lobaugewässer ist wohl ab und zu Thema – der einzig konkrete Vorschlag stammt von der FPÖ und wird von der Umweltschutzbehörde abgelehnt – eine riesige betonierte Wehranlage (so der Vorschlag) konterkariert natürlich den Schutz des Ökosystems. Da die Bewässerungspläne, die seit vielen Jahren vorhanden sind, von der SPÖ konsequent blockiert wurden, wird die Situation immer schlechter. Immerhin soll es Einladungen und Gespräche geben – die jahrelange Verzögerung bleibt dennoch unverständlich.

Natürlich sind gerade in der Kommunalpolitik Dinge wie eine öffentliche Toilette im Kirschblütenpark und kleine Begrünungen wichtig, aber es wird scheinbar außer Acht gelassen, dass viele Themen bezirksweit koordiniert werden müssen, um wirksam zu sein.

Wie etwa ein Verkehrskonzept, so braucht es auch ein komplettes Grünraumkonzept. Für Wartehäuschen, Grünstreifen, Verbauungen, Bodenversiegelung (warum war etwa die Betonwüste der Seestadt noch niemals Thema?) und schattenspendenden, groß angelegten Baumpflanzungen („richtige“ Baumpflanzungen, nicht diese lächerlichen Baumscheiben, umgeben von Asphalt, die wohl trotz der „schicken“, des Betons wegen notwendigen Eingusshilfen, wohl eher kurze Überlebenschancen haben). Des Weiteren sollten Wohnraumkonzepte erarbeitet und mit der Stadt Wien diskutiert werden. So wie vor Jahrzehnten auch in den schönsten Gegenden Döblings Gemeindebauten errichtet wurden, soll es auch in der Donaustadt sein. Bebauung muss ökologischen, an die Umgebung angepassten und leistbaren Bedingungen folgen. Überteuerte Genossenschaftswohnungen „sozialem Wohnbau“ zuzurechnen und damit die neue Wohnbauverordnung zu erfüllen, kann ich nur als zynisch betrachten – vom größten Bauanteil der Eigentumswohnungen ganz zu schweigen.

Dass sich das Bezirksgremium in der absoluten Sicherheit wähnt, sich in praktisch derselben Besetzung nach der Wahl im Dezember wiederzusehen – war das i-Tüpfelchen an diversen Ärgernissen. Konstruktive Bezirksplanung - sozial, wie ökologisch - und unter wesentlich engerer und aktiver Einbindung der Bewohner*innen, ist ohne Veränderung der Zusammensetzung dieses eingespielten Gremiums nicht zu erwarten. Dass aber eben das dringend benötigt wird, ist augenscheinlich.

Die KPÖ Donaustadt steht genau dafür - und dass wir die Bezirksvertretung nur allzu gerne etwas „aufmischen“ würden und vor allem die Arbeit an bezirksweiten Themen voranbringen, sowie - in vielen Bereichen - initialisieren wollen, ist unser großes Anliegen.

Der nächste Bericht von der ‚Bezirksvertretung 22‘ folgt im Dezember – am besten mit einem „frischen“ Bezirksrat – Bernhard Gaishofer für Links-KPÖ!