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Von Straßen und Menschen

  • Montag, 9. Dezember 2019 @ 15:54
Ein Kaktusbeitrag von Margarete Lazar

Anfang Oktober fanden vier weitere Verhandlungstage vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung zum Vorhaben „Stadtstraße“ Aspern statt, um die zahlreichen Beschwerden von Anrainern zu behandeln. Da die Fachbereiche Luftschadstoffe, Erschütterungen, Lärm und Humanmedizin auf Grund der komplexen Materie und einiger offensichtlicher Mängel noch nicht fertig verhandelt werden konnten, hat das Bundesverwaltungsgericht auf den 3. Dezember vertagt.

Laut Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS wurden auch einige grundlegende Rechtsfragen aufgeworfen, die im Anschluss noch die Höchstgerichte beschäftigen könnten. Kritik äußerte Rehm besonders am Führen von zwei getrennten Verfahren, weil dies nicht nur Redundanzen, sondern vor allem auch den Ausschluss von Verfahrensparteien im jeweiligen UVP-Parallelverfahren zur Folge hat. Wie mit dieser offensichtlichen Salamitaktik umzugehen ist, bleibt offen.

Aus der Sicht einer Beschwerdeführerin erlaube ich mir, einige Bemerkungen zum Atmosphärischen hinzuzufügen.

Skurril wirkte bereits im Vorhinein der Kommentar der Anwaltskanzlei, welche die Stadt Wien vertritt, dass die von den BeschwerdeführerInnen eingebrachten Beschwerden „nicht auf dem Niveau der von den Gutachtern" erstellten Gutachten wären. Wenn wir alle auf dem „Niveau von Gutachtern" wären, wozu müssten dann „Gutachter“ bemüht werden? Allerdings, ob es irgendwo laut ist oder die Abgase stinken, kann ich mühelos auch ohne Gutachten feststellen. Weiters wird man den Eindruck nicht los, dass ExpertInnen, die sich sonst vielfach in den Medien äußern, sich davor scheuen, in konkreten Fällen Gutachten zu erstellen, was mit Zeitmangel etc. begründet wird. Im Großen und Ganzen war die Stimmung im Saal gereizt und verführte die anwesenden BeschwerdeführerInnen sogar zu lautem Lachen, als der Leiter der MA 28 auf seiner völlig überfrachteten Power-Point-Präsentation die überaus segensreichen Auswirkungen der Stadtstraße auf die sie umgebenden Häuser und Menschen darlegte. Da müssen wir wohl alle etwas übersehen haben.

Inzwischen geht der Kampf zwischen Bodenversieglern, in den 80er Jahren hätte man gesagt, den „Betonierern“ und den Umweltschützern weiter. Besonders interessant war hier ein Interview mit dem Präsidenten der Wiener Wirtschaftskammer in der Kronenzeitung vom 2.11.2019. Da fand sich das Wort „Konnektivität" – ja kreativ sind sie, die Bodenversiegler, wenn es um Euphemismen und Verschleierungen geht.

Ausgeführt hat er das dann damit, dass zukünftige ausländische Unternehmer direkt Wien anfliegen können müssen, um die Stadt als attraktiv zu sehen – also dritte Piste. Weiters teilte er mit, „dass wir alle auf die Seestadt stolz sind“ und daher die Stadtstraße und natürlich alle weiteren Straßen brauchen. Erschließt sich Ihnen die Logik zwischen Stolz und Straßenbau? Wenn ja, kennen Sie jetzt die Bedeutung von „Konnektivität", wenn nein, dann müssen Sie noch dazulernen.