Willkommen bei KAKTUS - Online / KPÖ-Donaustadt 

Kommunismus

  • Freitag, 23. November 2018 @ 17:25
Ein LeserInnebrief zu einem in der Rubrik "Linker Dialog" in der letzten Kaktuszeitungsausgabe (03/2018) erschienen Beitrag von Georg Högelsberger "Drehen wir durch im Kapitalismus"

Werter Herr Högelsberger!

Ich schicke, um Missdeutungen und Missverständnisse zu vermeiden voraus, dass ich für den Kommunismus keine Sympathien hege, ihn aber als Staats- und Wirtschaftsform durchaus ernst nehme.

Sie haben natürlich recht; die meisten Menschen arbeiten nicht mit dem Ziel der Vollendung irgendeines Werkes und das bedeutet eine Schlechterstellung jenen gegenüber, deren Beruf ihnen die Möglichkeit der Schaffung eines fertigen Produktes gibt. Das kann nun in einem Handwerk ebenso liegen wie in der Wissenschaft, im Journalismus, ja selbst eine Friseurin schafft am Ende ein fertiges Werk. Der Fabrikarbeiter, selbst wenn er ein hochspezialisierter Facharbeiter ist der eine numerisch gesteuerte Maschine programmiert und am laufen hält, erzeugt niemals ein Endprodukt. Genau wie jeder Andere der Teil eines Großbetriebes ist und dort ein kleines Rädchen im Getriebe bleiben muss.

Sie haben auch recht mit der Annahme, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem in Wahrheit kein anderes Ziel als den Kreislauf hat. Den Kreislauf des Geldes, der Waren, der Dienstleistungen – ohne Ende aber ständig wachsend ohne ein anderes definiertes Ziel als das „immer mehr“, das Wachstum. Das ist die tödliche Schwäche der menschlichen Gesellschaft insgesamt und wird irgendwann zu ihrem Ende führen. Wie immer das aussehen wird. Genau diese Entwicklung aber wird nicht durch Marx und seine Philosophie aufzuhalten sein und noch weniger durch den Kommunismus, den die Gesellschaft daraus entwickelt hat.

Alles hat seinen Zyklus. Auch der Mensch als Lebewesen auf dieser Erde. Hypertrophie kommt immer als letzte Stufe vor dem Abstieg. Und dort stehen wir nun. Der hoffnungslose Versuch, einen Teil des menschlichen Genoms quasi in Form von Besiedelung auf andere Planeten zu retten, nur weil sie erreichbar erscheinen zeigt die unterschwellige Angst, das uneingestandene Bewusstsein, dass die Menschheit mit ihrem Existenzsystem auf diesem Heimatplaneten keine wirklich endlose Zukunft hat. Kennen Sie den gar nicht so blöden Witz: Die Erde fliegt an einem anderen Planeten vorbei und der fragt nach ihrem Befinden. Ach, stöhnt die Erde, ich bin seit vier Millionen Jahren von einem Pilz befallen: ich habe Menschen. Sagt der andere: mach dir nichts draus, das geht vorbei.

Aus meiner Sicht ist das keine apokalyptische Vorstellung. Dem Kreislauf des Werdens und Vergehens werden wir nicht entkommen. Dagegen gibt es kein Rezept. Aber als vernünftige, denkende Lebewesen sollten wir lernen den Urinstinkt des immer mehr haben Wollens im Zaum zu halten. Selbstverwirklichung ist kein wirtschaftliches Ziel und kann daher durch die Gemeinschaft nicht gelöst werden. Wohlstand aber ist es sehr wohl, wenn man ihn nicht allein materiell definiert und wenn man ihn nicht grenzenlos ausdehnt. Und wenn man einkalkuliert, das Andere, die heute nichts haben, mit Recht auch etwas haben wollen. Wobei man natürlich – und darüber zu debattieren wäre eine Nebenlinie ins Unendliche – fragen sollte, was das Ziel für diese Menschen wäre. Das was wir als Wohlstand definieren? Der reine Neid den der Anblick des scheinbar glücklicheren, weil reicheren weckt? Oder eigene Ziele?

Dass auch die Menschheit ein Ablaufdatum hat kann man als sicher annehmen – es ist nur die Frage, wie weit es entfernt ist und dass man es sicherlich durch gezielte, intelligente Aktionen nach hinten verschieben könnte.

Wer sich auf Kosten anderer unmäßig mit reinem Geldbesitz bereichert muss gebremst werden. Nicht weil er anderen etwas wegnimmt. Das ist eine irrige Vorstellung. Ein Spekulant, der sein Geld an der Börse vermehrt nimmt niemandem etwas weg aber er bringt durch seine Spekulationen die Erwerbsmöglichkeiten anderer in Gefahr. Darum muss ihm Einhalt geboten werden.

Wenn kein Staat der Welt mehr den Wert jener Geldmengen garantieren kann, die durch Spekulation entstanden sind, weil man nicht einmal mehr weiß, wie groß und wem sie zuzuordnen sind, dann ist dieses Geld eine latente Gefahr. Es kann durch sein Eigenleben jeden staatlichen Ordnungsversuch, jeden Versuch einer Wirtschaftssteuerung vereiteln. Dieses Geld liegt im Regelfall inaktiv auf irgendwelchen Konten und wird erst wirksam, wenn es verwendet wird. Über das „wann“ entscheidet der Besitzer. Für Waren- oder Währungsspekulationen beispielsweise. Ölspekulationen können bei der bestehenden technischen Abhängigkeit ganze Staaten in Krisen stürzen. Eine Währungsspekulation des heute als Sozialaktivisten gepriesenen Herrn Soros in den Achtzigerjahren des vergangenen Jhdts. hat eine Abwertung der damals deutschen Mark verursacht und damit in den Lebensstandard von Millionen Menschen eingegriffen.

Übrigens: Die Spieler in diesem Roulette wissen um ihre Angreifbarkeit und sie entwickeln alle eine „soziale Ader“ auf der Flucht vor den Folgen ihres Tuns, die sie genau kennen. Und sie wissen auch, dass ihnen kein einzelner Staat wirklich Vorschriften machen und sie in ein Korsett zwingen kann. Das Börsen- und Investmentkapital – und das ist jenes von dem ich spreche – ist multinational und multifunktional und kann nur durch weltweite oder zumindest kontinentale Aktionen im Zaum gehalten werden. Das aber müsste längst angegangen werden. Es wäre eine lohnende Aufgabe für die EU.

Vermutlich leichter zu beherrschen ist die Ausbeutung der Rohstoffvorkommen der Erde, die man durch Recycling und schonende Verwendung in bisher gar nicht vollständig bekannter Weise strecken kann. Man beginnt ja erst mit dem Versuch dieser Art von Bewirtschaftung. Aber das ist wohl eine andere Geschichte.

Mit freundlichen Grüßen.
Hans Adler
1220 Wien