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Ein Tag der Arbeit ohne Arbeit?

  • Sonntag, 17. Juni 2018 @ 13:43
Ein Beitrag von Georg Högelsberger - aus dem letzten Kaktus - in der Rubrik "Linker Diskurs zur rechten Zeit"
(Der 1. Mai liegt heuer zwar schon mehr als einen Monat zurück, wobei der Artikel an seiner Aktualität nichts eingebüßt hat)

Wie jedes Jahr ist auch diesmal wieder am 1. Mai der internationale Tag der Arbeit in ganz Österreich gefeiert worden. Einige Menschen haben an den zahlreichen Maikundgebungen teilgenommen, andere haben den freien Tag einfach zur Erholung genutzt. Doch es klingt sehr ironisch, dass der Tag der Arbeit ein Feiertag und daher ausgerechnet arbeitsfrei ist. Moment, tatsächlich arbeitsfrei? Nein, nicht ganz, denn als Staatsfeiertag ist er für viele Menschen bloß frei von LOHNarbeit – sprich: viele müssen schlicht nicht am Arbeitsplatz antanzen.

Dass man am 1. Mai aber nicht automatisch nichts zu tun hat, werden einem wohl z.B. alle Eltern kleiner Kinder bestätigen können. Also geht es wohl doch nicht am Tag der Arbeit ganz ohne Arbeit zu.

Dass dies auch so sein soll, liegt an der Natur der Sache: der 1. Mai soll nicht ein bloßer Feiertag sein, an dem man das (hoffentlich) schöne Wetter genießen kann, sondern vielmehr ein Tag der Erinnerung und der Thematisierung der Probleme, die sowohl in der Vergangenheit als auch heutzutage im Zusammenhang mit Arbeit auftreten. Dies betrifft eben nicht nur Lohnarbeit, sondern generell alle Formen von gesellschaftlicher Arbeit. Aber woher kommt diese Tradition?

Wir schreiben das Jahr 1886 und in den USA spielt sich gerade die sogenannte „Haymarket Affair“ ab. Die Arbeiterschaft versammelt sich, streikt und fordert einen gesetzlich geregelten 8-Stunden-Tag. In den folgenden Tagen kommt es zu massiver Polizeigewalt mit vielen Toten und Verletzten sowie anderen Repressionen. Im Gedenken daran und mit dem Ziel, den Protesten noch mehr Gehör zu verschaffen, wird 1889 beschlossen, den Tag der Arbeit in weiten Teilen der Welt stattfinden zu lassen. In Österreich wird er erstmals 1890 begangen.

Tradition und Gegenwart

Gerade wenn man den Kurs der momentanen Regierung, allen voran die Debatte um die Einführung des 12-Stunden-Tages, berücksichtigt, wird offensichtlich, dass das Thema Arbeit in der Gesellschaft mitnichten ein „alter Hut“ ist. Der 1. Mai ist nicht eine veraltete Tradition, die heute „eh keinen mehr interessiert“, sondern als Zeichen der Solidarität aller Arbeiterinnen und Arbeiter untereinander sowie der Thematisierung aller Probleme der Arbeit immer noch brandaktuell!

Denn Probleme mit dem Status und der Verteilung der Arbeit gibt es zuhauf. Von der ganzen Diskussion um eine gerechte Bezahlung ganz zu schweigen. Dies betrifft nicht nur die Lohnarbeit, sondern alle Arten von Arbeit. Aber gerade der 1. Mai bietet aufgrund seiner langen, weltweiten Tradition eine der wenigen Möglichkeiten, solche Probleme öffentlich sichtbar zu machen – solange er nicht zu einem von vielen anderen Tagen, an denen man bloß frei hat, verkommt! Seinen Status als Tag, der im Zeichen des Gedenkens und des Kampfes um eine bessere Welt steht, muss er sich bewahren!

Wer mit mir über meinen Beitrag ins Gespräch kommen will, ist herzlich willkommen. Wir können uns bei Veranstaltungen der KPÖ-Donaustadt treffen, oder Sie schreiben mir einfach: donaustaedter@kpoe.at