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Kann die EU demokratisch sein?

  • Montag, 3. Juli 2017 @ 12:43
Kaktusserie „Weil der Mensch ein Mensch ist…“ von Georg Högelsberger, Junge Linke

Die EU steht zur Zeit in heftiger Kritik – zu Recht, wie ich meine. Dennoch teile ich nicht einfach jede Kritik oder Anti-EU-Haltung, die in diesen Tagen verstärkt auftreten. Dass eine Veränderung der gegenwärtigen Verhältnisse stattfinden muss, ist immer mehr Leuten klar geworden. In welche Richtung diese Veränderung gehen soll, da scheiden sich momentan die Geister. Die einen sagen, ein Austritt aus der EU wäre das Beste, die anderen, dass die EU einfach demokratischer und sozialer werden soll, was wiederum erfordert, dass die Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten, anstatt immer weiter auseinander zu rücken.

Ich habe mir zu diesem Thema ein paar Gedanken gemacht.

Beginnen möchte ich mit Étienne Balibar, einem französischen Philosophen, der sinngemäß gesagt hat, dass ein Staat demokratisch sein kann oder nicht, ein Nicht-Staat jedoch nicht. Die EU ist eben kein Staat, sondern nur ein Staatenverbund. Kann die EU also überhaupt demokratisch sein?

Tatsächlich wird immer wieder von einem demokratischen Defizit gesprochen, denn das EU-Parlament hat kein Initiativrecht, d.h. es kann keine Gesetzesvorschläge einbringen. Es ist die EU-Kommission, die bis auf wenige Ausnahmen das Initiativrecht besitzt. Diese setzt sich aus je einem Kommissar aus jedem Mitgliedstaat zusammen und bildet etwas Vergleichbares wie eine Regierung in einem Staat. Dieses Initiativrecht der Kommission ist also bei näherer Betrachtung die Verschmelzung von Exekutive (Regierung) und Legislative (gesetzgebende Gewalt). Die Vertretung der EU-Bürgerinnen und Bürger, also das EU-Parlament, kann daher bei Gesetzgebungsverfahren umgangen werden, was der Demokratie natürlich nicht gut tut.

Diese Art der Gesetzgebung ermöglicht eine neoliberale Politik, die ohne eine weitestgehende Absprache mit der Bevölkerung durchgesetzt werden kann. Eine solche Vorgehensweise befeuert natürlich die Denkweise vom „Moloch Brüssel“, der den einzelnen Mitgliedstaaten allerlei aufzwingt – eine Denkweise, die auch sehr oft von rechten Parteien vorgebracht wird, allerdings mit dem Lösungsvorschlag, wieder zu einem „Europa der Nationalstaaten“ zurückzukehren.

Der Neoliberalismus ist das Problem!

Die vor allem von kapitalistischen Wirtschaftsinteressen geprägte Politik der EU wird dabei eben nicht als solche angesehen und kritisiert, vielmehr verschiebt sich die rechte Kritik von der wirtschaftspolitischen Ebene auf eine nationalistische Ebene. Hauptkritikpunkt ist, dass „die von außen uns Gesetze und Vorschriften machen“, und nicht, dass „die da oben eine schlechte Wirtschaftspolitik betreiben“. Eine solche Verschiebung geht am eigentlichen Problem vorbei. Ob ein radikaler neoliberaler Kapitalismus von Seiten der EU kommt oder ob sie der jeweilige Nationalstaat selbst betreibt, ist für die unteren Schichten der Bevölkerung, die diese Politik am deutlichsten zu spüren bekommen, auch schon egal. Auf ihrem Rücken wird das ganze Sparen so oder so ausgetragen.

Daher ist es meiner Meinung nach der sinnvollere Weg, eine Demokratisierung der EU voranzutreiben, um soziale Politik in großem Umfang betreiben zu können. Diesbezüglich muss man aber auch über den Status der EU nachdenken: ist eine Entwicklung hin zu einer Föderation vielleicht ein guter Weg? Oder aber würde ein solches Vorhaben eher zum Scheitern einer europäischen Gemeinschaft beitragen?

Wer mit mir über meinen Beitrag ins Gespräch kommen will, ist herzlich willkommen. Wir können uns bei Veranstaltungen der KPÖ-Donaustadt treffen, oder Sie schreiben mir einfach: donaustaedter@kpoe.at