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Sind wir im Sturzflug?

  • Samstag, 25. Juli 2015 @ 18:00
Eine Gemeinheit jagt die andere. Darüber schreibt niemand. Nur der Kaktus!
Brief eines Lehrers - von Karl Gugler

Stress im Schulhaus, bei vielen SchülerInnen, aber auch bei den LehrerInnen. Der Juni ist verlaufen wie immer: Tests und Schularbeiten von finaler Bedeutsamkeit mussten organisiert und geschrieben werden, Prüfungen abgelegt; auch die mündliche Matura und zwar in völlig neuartiger Form. Dazwischen: Sprach- und Sportwochen. Kein Wunder also, dass dort und da die Nerven blank gelegen sind. Und teilweise noch liegen. Denn:

Nach wie vor gibt es kein Budget für 2015! Mehrere Computer, Beamer, Audiogeräte, Stromversorgungsanlagen sind tot und dürfen nicht ersetzt werden. Nein, es ist nicht übertrieben: das trifft mich mitten ins (didaktische) Herz! Zurück zur Kreide?

Da wird plötzlich hoher Besuch angekündigt: Die Frau Dr. Brandsteidl (Stadtschulrat-Präsidentin), der Hr. Stadtrat Ludwig und Hr. BV Nevrivy kommen. Ein Fünkchen Hoffnung keimt auf in mir. Die werden doch nicht ein bisschen Geld für Reparaturen und Ausstattung mitbringen, schießt mir durch den Kopf. Schließlich gibt’s bald Wahlen.

Gemeinheiten…

Nein, taten sie nicht. Sie brauchten nur Fotos für die kommende Wahlwerbung. Mit vielen Kinderköpfen; das macht sich gut in den Zeitungen und Hochglanzbroschüren. Dafür ist die AHS Theodor Kramer Str. auch besonders gut geeignet, wegen der großen Vielfalt der (Schul-) Formen und der (Haut-) Farben (der Schulkinder). Außerdem könnte man diese Schule durchaus als Herzeige-Neue-Mittelschule (NMS) empfinden. Welches andere Gymnasium führt schon die Unterstufe als NMS? Das tut sich doch sonst kaum jemand an.

Ein großer Anteil der LehrerInnenschaft dieser Schule beweist damit, dass er den pädagogisch/didaktischen Auftrag überdurchschnittlich ernst nimmt. Und ein hoher Prozentsatz hat inzwischen auch jahrzehntelange Erfahrung.

Wenn also in der Unterstufe nicht ausschließlich „gymnasiumsreife“ Kinder sitzen sollen, dann sollte doch wenigstens auch die Ausstattung mit bildgebenden Unterrichtshilfsmitteln optimiert sein. Das wäre doch logisch. Damit erzielt man doch eine höhere „Einschaltquote“, eine höhere Aufmerksamkeitsrate bei den Kindern, selbst wenn man als LehrerIn nicht gut ist. Aber ich begreife allmählich, dass das dem Schulbetreiber einfach egal ist. Der muss Banken sanieren!

Meine Bereitschaft zum Engagement – im Sturzflug!

… und dann auch noch ein Hackl ins Kreuz!

Schließlich gibt’s dann auch noch eine veränderte Beurteilungsregel für die 4. Klassen der NMS – eine grobe Gemeinheit, wie viele meiner KollegInnen meinen. Da wird der „B-Zug“ wieder eingeführt. Oh, pardon! Die korrekten Worte lauten: „Ein Nicht genügend in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik ist gesetzlich nicht möglich!“ Das bedeutet aber nicht, dass Schüler, die in diesen Fächern eigentlich auf Nicht genügend stehen, aufsteigen dürfen. Im Gegenteil:<ßp> Eine Ehrenrunde, die bisher das Ergebnis eines „Flecks“ gewesen ist, weil man gerade etwas heftig pubertiert und alles andere als das Lernen im Kopf gehabt hat, kann man nicht mehr machen. Die Chance, sich durch Wiederholen der Klasse weiter zu entwickeln, etwas nachzuholen, sich zu sammeln und es noch einmal zu versuchen, gibt es nicht mehr.

Der Fünfer ist also abgeschafft. Das (verspätete) Aufsteigen damit aber auch und damit die Chance für die gymnasiale Oberstufe oder den 1. Jahrgang HAK oder HTL verwirkt. Ab ins Poly! Die teuren Schulplätze in jenen Schulen stehen Kindern, die in der vierten Klasse ein Mal straucheln, ab sofort nicht mehr zu. Das kostet zu viel.

Auch die Menschlichkeit also – im Sturzflug!

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at