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Geschichten aus dem Wienerwald

  • Mittwoch, 22. Juli 2015 @ 17:49
Margarete Lazar, WIEN ANDERS-Kandidatin für die Bezirksvertretung und den Gemeinderat

Welche Assoziationen weckt der Wienerwald in Ihnen? Denken Sie an die k. u. k. Jagdgesellschaft, der wir verdanken, dass er nicht gerodet wurde und heute noch Tausende Wiener erfreut? Oder denken Sie an das Stück von Ödon von Horvath, geprägt von der Armut der Zwischenkriegszeit, gezeichnet von Verrat, Bosheit und Verzweiflung und kongenial verfilmt mit Leuten wie Helmut Qualtinger und Adrienne Gessner?

Oder denken Sie gar an den Wienerwald Nordost, nach dem Ableben des Bezirksvorstehers Norbert Scheed im Vorjahr neuerdings auch als Norbert Scheed-Wald bezeichnet. Im Jubiläumsmagazin „60 Jahre Donaustadt“ (1) wird er gar als „die grüne Lunge der Donaustadt“ bezeichnet, der für frische Luft im 22. Bezirk sorgt.

Nun, wir in der Donaustadt fühlen uns ja von der Stadtregierung nicht immer sonderlich gut behandelt und daher dürfen wir uns natürlich freuen, dass sie diesmal so fürsorglich an die BewohnerInnen des Bezirks denkt, nachdem sie zur gleichen Zeit mit aller zur Verfügung stehenden Macht den Bau der Autobahn, auch „Stadtstraße“ genannt, vorantreibt.

„Die Großmeister der Öffentlichkeitsarbeit, denen das Zaubern Profession ist“ (2) haben die erste Baumpflanzung auch gleich als „die größte Baumpflanzaktion der Geschichte Wiens“, die „auf 15 Millionen Quadratmetern“ stattfand, ausgewiesen. In seinem unterhaltsamen Buch „Wo Wien beginnt - eine Erkundung der Stadt vom Rand her“ meint Wolfgang Freitag launig,„man hätte auch 15 Billionen Quadratmillimeter für sich reklamieren können, aber vielleicht wäre das des Zahlenzaubers doch zu viel gewesen.“ (3) Tatsache bleibt, dass es sich bis jetzt dort um agrarisch genutztes Gebiet handelt, das dann offensichtlich im Laufe der Zeit dem Wienerwald Nordost geopfert werden soll oder muss. Wo bleibt hier nur wieder die SMART City mit den kurzen Wegen, die es uns erlaubt, frisches Gemüse bei den heimischen Gärtnern im Wiener Umland zu kaufen, anstatt es Tausende Kilometer gekühlt heranschaffen zu lassen. In Grinzing - so hört man - wurden die Weingärten vor den Begehrlichkeiten der Investoren durch einen Baustopp geschützt. Bitte schützen wir doch auch die Gemüsebauern und Gärtner! Erst vor kurzem hat der Direktor der Hagelversicherung gesagt: „Wir verlieren unser kostbarstes Gut...nämlich fruchtbaren Ackerboden und Felder, die unser aller Ernährung sichern.“ (4)

Noch einmal, Wald ist gut und besser als kein Wald, aber irgendwie beschleicht einen der Verdacht, dass es sich wieder einmal um eine Alibihandlung handelt, um von der geplanten Zerfurchung der Donaustadt durch Megastraßenprojekte abzulenken, nach dem Motto „Ihr kriegt jetzt eh eine grüne Lunge und daher ist Mundhalten angesagt“.

Vielleicht lernt unsere Stadtregierung von den letzten Wahlen etwas dazu: Mit der linken Hand regieren und „drüberfahr’n“ ist kein Erfolgsrezept mehr. Für Wien brauchts a G’spür! - Wie wahr!

1) 60 Jahre Donaustadt, Hsg. Wiener Bezirksblatt, Wien 2014, S. 18
2) Wolfgang Freitag, Wo Wien beginnt, Wien 2015, S. 149
3) Ebda. S 149
4) Neue Kronenzeitung vom 19. 4. 2015, S. 44