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„Wir alle“ wollen mehr Autonomie!

  • Montag, 2. März 2015 @ 17:05
Brief eines Lehrers von Karl Gugler

„Wir brauchen eine Bildungsrevolution!“, sagt die … Industriellenvereinigung.

Nach zig Jahren Krise bleibt auch der Öffentlichkeit nicht mehr verborgen, dass Verelendung um sich greift. Neben den sogenannten „nicht ausreichend qualifizierten“ Mitmenschen ist davon auch die Infrastruktur, die ein kapitalistischer Staat bereithalten muss, betroffen. Gemäß dieser Logik steht also auch im Bildungswesen eine Neuorganisation an. „Autonomie! Autonomie!“ wird zum neuesten Schlachtruf.

Ganz vorne läuft die Industriellenvereinigung (IV). Was dabei herauskommen soll, wenn der Dachverband der Kapitalisten eine Revolution fordert, ist irgendwo vorhersehbar. Nicht einen Generalstreik will sie, die IV, sondern nur das Bildungswesen sei völlig neu zu machen.

„Schule neu“ beginnt bei der IV zuerst einmal mit Freiheit! In Holland gäbe es bereits Modelle, wo „jeder eine Schule gründen darf“ (und die österreichische Bildungsministerin pilgert auch schon dorthin). Das Kleingeld dafür muss man halt irgendwo zusammenkratzen oder man findet jemanden, der‘s hat und mitmacht. Wie wär‘s mit „crowdfunding“ via Internet? Jeder spendet ein bisserl was. Dann gibt auch der Staat noch etwas dazu, pro Schülerkopf, der dort dann „DIE Schule – ganz neu“.

DIE neue Schule

„DIE neue Schule - der IV - verfügt über Arbeitsplätze der PädagogInnen, die modernen Anforderungen entsprechen und die mit zeitgemäßer Infrastruktur ausgestattet sind“, steht da zu lesen. Wau! Wenn du das schaffst und realisierst, liebe IV, dann wechsle selbst ich noch vielleicht mein politisches Lager und komme zu dir! Ich fürchte nur, dass du bei deiner Forderung nach Topausstattung der Schulen recht bald Abstriche zu machen bereit bist. Und dann kommt die Qualität der Lehrkräfte ins Spiel, denn tolle Hechte können auch bei schlechten Rahmenbedingungen aus den SchülerInnen noch beste Testergebnisse herausholen. Das Siegerlächeln wird denen dann im Gesicht geschrieben stehen. Der Wert solcher tollen Hechte wird auch ziemlich steigen. Schließlich sind sie die Helden. Die anderen werden gefeuert.

Gemäß der Freiheit, die du meinst, wird man dann – autonom und dem Sachzwang folgend – die Gleichbezahlung der PädagogInnen aufheben müssen. Dann können sich die „guten Schulen“ die „guten PädagogInnen“ leisten, die dann auch mindestens dreimal mehr verdienen und die „schlechten Schulen“ kriegen den „Schrott“.

Jetzt geht mir ein Licht auf, liebe IV, was du mit deiner Freiheit, der Autonomie und deiner „neuen Schule“ meinst: Gute Schulen für die Reichen und für den Rest den Rest. Und das verkaufst du auch noch als neu und wünschenswert. Du schummelst, Schlingel, du hast abgeschrieben! Dieses Modell ist ein ganz alter Hut. Das ist exakt das Modell der USA und Großbritanniens, den Mutterländern des Kapitalismus!

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at