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Wo bleibt das Positive?

  • Donnerstag, 22. August 2013 @ 07:16
Brief eines Lehrers - von Karl Gugler

25 bisher für diese Zeitung geschriebene Artikel verleiten zur Rückschau (siehe: http://kaktus.kpoe.at/index.php?topic=Schulprobleme). Immer dann, wenn der Termin des Redaktionsschlusses näher kommt, plagt mich das Trauma, das mir meine Deutschlehrerin vor 43 Jahren verabreicht hat. Der Gugler, der ist doch ein germanistisches Nackerpatzl, der kann doch nichts Vernünftiges zu Papier bringen.

25 Artikel zur Eigentherapie einerseits und ein hartnäckiger Kampf, diesen Beruf des Lehrers deutlich besser auszuführen, andererseits, waren die Folge. Die allgemein gültige Leitlinie dafür war bald erkannt: das Wahre, das Gute, das Schöne. Wenn ich es übersetzen darf: die Wissenschaft, die Ethik, die Kunst. So sehen das jedenfalls die Philosophen. Ich fürchte, ich habe die Kunst in meinem bisherigen Geschreibsel etwas vernachlässigt. Sie soll jetzt Platz erhalten, genauer der Teilbereich Musik.

… böse Menschen haben keine Lieder!

Vor mehr als zehn Jahren haben mein Kollege Andi Drabek und ich begonnen, innerhalb unserer Schule eine Art Musikschule einzurichten. Ernstzunehmen und gediegen sollte sie sein, mehr als ein bisschen „schrumm-schrumm“ auf einer Gitarre sollten die Schüler/innen lernen können. Der Staat hat ja längst seine finanzielle Unterstützung für solchen Luxus eingespart, also müssen die Eltern dafür bezahlen. Nur wenn die Schüler/innen von ihrem künstlerischen Tun begeistert sind, wird das Ganze ein Erfolg, dachten wir uns. Also mussten besonders gute Lehrer/innen her. Des Kollegen Drabek hervorragende Kenntnisse der Wiener Popularmusikszene waren Gold wert.

Jetzt, 10 Jahre später, kann man sehen und vor allem hören: das Pflänzchen ist ein stattlicher Baum geworden. 13% der Schüler/innen unserer Schule lernen ein Musikinstrument und tun dies offenbar mit großer Begeisterung – und viele auch mit Talent und Können. Der zähe Weg vom bloß passiven Hören weg zum Selbermachen, der war uns so wichtig; und die Weiterentwicklung der Spielfreude in Gruppen, also Bands, damit die sinnspendenden Glücksgefühle zum Selbstläufer werden. Anfangs war ich ja überrascht über die ausgewählten Vorbilder. Beliebt sind Beethoven, Hendrix, Lennon, Mozart, Santana bei den Jugendlichen! Deren Kompositionen und deren Gefühl für Klangfarben und deren Kreativität haben diese jungen Leute also auserkoren. Ihnen wird nachgeeifert. Das ist dann doch irgendwo logisch, wenn man zu einem/einer richtigen Musiker/in avanciert ist. Ich gestehe, dass dieses Musikschulprojekt in der Zwischenzeit auch mir selber wesentliche Beiträge zur Lebenssinnspendung liefert. Ja, wir sind eine community, ein soziales Netzwerk – aber nicht vor dem Computer.

Beim diesjährigen Kaktusfest konnten wir aus dem geschlossenen und geschützten Bereich Schule ausbrechen. Und die Jungen spielten wie die Teufel. Nicht 10000 Watt aus den Verstärkern waren wichtig, sondern die Klangfarben der Instrumente, der Stimmen und das Rhythmusgefühl schräger Takte. Das Publikum war von den Socken, aber noch wichtiger war für mich die Freude der Musiker/innen darüber.

Dass es wichtig ist, über den Bereich Schule hinauszukommen, war uns immer schon klar. Bisher war das immer die Bühne der Menschenrechte am Donauinselfest. Die Bandwettbewerbe dort wurden von der SPÖ eingespart. Es ist ja Wahlkampf! Und der kostet viel Geld und ist wichtiger! Wir sind sehr glücklich, dass die KPÖ uns am Volksstimmefest seit dem Vorjahr diese Auftrittsmöglichkeit bietet. Auf einer Bühne der Großmutter aller Stadtfeste, auf denen Musiker wie Kurt Ostbahn, Sigi Maron oder Falco ihre Karriere begonnen haben, das ist schlicht sensationell!

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at

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