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Hoch die internationale ….. Konkurrenz!

  • Samstag, 20. April 2013 @ 17:21
Brief eines Lehrers - von Karl Gugler

Wenn ich meine Wochenpläne durchsehe, fällt auf: die „Wettkämpfe“ häufen sich: Wiener Lesetest, Känguru-Mathe-Wettbewerb, Bildungsstandard-Überprüfung Englisch, Evaluierung NMS, PISA-Test, TIMS-Studie, PIRL-Studie, die OECD mit „Bildung auf einen Blick“, dazu das „Jahr der Jungforscher/innen“, der „Talente-Scan Berufsbildung“ des Stadtschulrates für Wien gemeinsam mit der Wirtschaftskammer.

„Wir“ gegen den Rest der Welt!

Die Kapitäne von Wirtschaft und Politik teilen uns mit, wohin es mit Vehemenz zu gehen hat. Das hat ja auch der Herr Androsch in den 1. Absatz des Bildungsvolksbegehrens bereits hineingeschrieben: die Kenntnisse der Jugendlichen sind der Rohstoff „unserer“ Wirtschaft. Und Rohstoffe muss man sich sichern, um sie dann verwerten zu können. Die Kernthemen der oben genannten Studien und Tests sind immer die gleichen: muttersprachliches Lesen, Naturwissenschaften und Fremdsprachen. Verwertbar für Kapitalisten sind nur die Fähigkeiten der Schüler/innen in diesen Bereichen. Deshalb werden genau diese und keine anderen mehr geradezu hysterisch gefordert und gefördert. Denn die Konkurrenz schläft nicht. „Wir“ werden uns doch nicht zukünftig zu den Verlierern gesellen wollen – im Wettkampf mit den Chinesen, Indern, Brasilianern und Russen. Also, legt euch in die Riemen! Ich höre schon so manche/n Leser/in sagen: „Ja, vielleicht nicht schön, aber so ist die Realität!“ Und so manchen Elternteil oder Jugendlichen beschäftigt die Frage, wo man denn da eine Lehrstelle finden könnte, sollte einem der weitere Schulbesuch verunmöglicht werden. Verlierer sein ist nicht lustig, das weiß jedes Kind. Noch dazu werden die Folgen, wenn man bei DIESEM Spiel nicht gewinnt, immer heftiger und brutaler. Die finale Konsequenz hat ein amerikanischer Liedermacher so formuliert: „I'm a loser, baby! So why don't you kill me?“

… oder doch lieber Sachen zum Nachdenken?

Wenn Sie sich jetzt fragen, wo der Fehler ist, der da vorliegt, und das Ganze als Sackgasse erkannt haben, mag der Hinweis helfen, dass den Satz vom „loser“ sicher nicht zufällig ein Musiker und Dichter formuliert hat.

Viele dieser Dinge, aus denen man Mut, Zuversicht, Glücksgefühle und Freude zum Leben gewinnt, stammen also von Musikern, Dichtern, Philosophen, Künstlern und Leuten, die „Geschichte gelernt“ haben.

Also soll man die Unterrichtsqualität und die Schüler/innen/leistungen in Musik, Kunst, Geschichte und Philosophie auch gar nicht testen, damit sie erst gar nicht als wichtig erkannt werden. Konrad Paul Liessmann, ein Philosoph, kritisiert PISA „als ökonomischen Versuch, die (humanistische) Bildung im Grunde abschaffen zu wollen und durch simples Wissen (im Gegensatz zu Bildung) zu ersetzen“. Er beklagt die „Umformung der Bildungseinrichtung Schule in eine Berufsschule für Kinder und damit das Ende des bewussten und geistigen Menschen und seine Reduktion auf einen Arbeitnehmer und Konsumenten“.

Einwände dieser Art versteht ein Schrumpfmensch, also einer, der bei Bildung von Rohstoff faselt, sowieso nicht. Aber Sie, geschätzte/r Leser/in, Sie könnten ein Zeichen setzen, dass Sie damit nicht einverstanden sind, dass so etwas die Wettkampfziele für Ihre Kinder sein müssen. Sie könnten uns Kommunist/inn/en wählen – im Herbst.

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at