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Genochplatz - Vom Markt über einen Bauzaun bis zur Anlagewohnung

  • Freitag, 30. Juli 2021 @ 12:31
Ein Kommentar von Bernhard Gaishofer, Bezirkssprecher der KPÖ-Donaustadt

Dass sich die Zeiten und die Stadt Wien unaufhörlich verändern, ist mehr als offensichtlich. Besonders deutlich kann man diese Veränderungen am Stadtbild ablesen und ein nahezu perfektes Beispiel, dass die aktuelle Entwicklung im 22. Bezirk in eine falsche Richtung geht, ist der Genochplatz in Stadlau.

Ein Fleischhauer, ein Fischgeschäft und diverse (feste) Standln mit den unterschiedlichsten Dingen – so habe ich den Markt am Genochplatz noch in Erinnerung als ich dort als Kind in den 90ern spazieren ging. Freilich hatte er schon damals seine Hochzeit als quirliger Markt überschritten, nichtsdestoweniger war er, gerade in Verbindung mit der Stadlauer Straße, in welcher zu jener Zeit auch noch weit mehr Geschäfte waren als heute, ein lebendiger Teil des Bezirks. Mit der Erbauung/Vergrößerung von unterschiedlichsten „Shopping Centern“ und dem fehlenden Willen, der etablierten Politik lokale Nahversorgung zu unterstützen, wurde er jedoch immer kleiner bis schließlich 2010 die letzten Stände abgerissen wurden.

Der Platz wurde schließlich von der Gemeinde an private Investoren verkauft und die Flächenwidmung (wunschgemäß) so geändert, dass eine höhere Bauhöhe auf dem Grundstück ermöglicht wurde. Es folgte -viele Jahre gar nichts, außer der Errichtung eines Bauzauns rund um das Areal. Schon wurde von einem Schandfleck für die Donaustadt gesprochen und der Zaun wurde treffenderweise mit dem Schriftzug „Bauzaun ohne Bau“ beschriftet.

Statt einem Markt – neue Anlagewohnungen für Stadlau!

Seit kurzem ist der Bauzaun verschwunden und es wird fleißig an einem Hochhaus gebaut. Selbstverständlich handelt es sich dabei jedoch nicht um leistbaren, sozialen Wohnbau, sondern um Anlagewohnungen. Ein Blick auf den Internetauftritt des Bauträges (C&P) zeigt deutlich, welches Klientel hier bedient wird: „In bewegten Zeiten auf Immobilienanlage setzen“ lautet der Wahlspruch und bewirbt das Projekt „Genochplatz 1“, bei dem es sich um ein zehnstöckiges Wohngebäude mit 141 Wohnungen handelt, in den höchsten Tönen.

Nicht nur, dass hiermit wieder ein reines Anlage- und Spekulationsobjekt entsteht, welche ja gerade in den letzten Jahren wie Schwammerl in der Donaustadt auftauchen, muss man sich ernsthaft die Frage stellen, weshalb seitens der Entscheidungsträger solche Projekte vorangetrieben werden und warum nicht zumindest der Versuch unternommen wird, lokale Zentren zu stärken. Überall wird von regionaler Versorgung, Wiederbelebung von Märkten und Stärkung von Grätzln gesprochen – gemacht wird (zumindest in der Donaustadt) jedoch das Gegenteil! Dass das denkmalgeschützte ehemalige Stadlauer Tröpferlbad, welches sich quasi hinter dem Bauprojekt befindet von diesem (optisch) „verschluckt“ wird, ist bei dieser ganzen Sache dann noch der Gipfel.

Die Entwicklung des Genochplatzes in den letzten Jahrzehnten ist quasi beispielhaft dafür, was in der Donaustädter Bezirksentwicklung falsch läuft: Zerschlagung von regionalen Grätzeln, Verscherbeln von Gemeindegrund und schließlich Bebauung mit Anlage- und Vorsorgewohnungen. Weshalb die etablierte Politik auf Bezirks- und Gemeindeebene, welche sich ja stets die Förderung von Grätzeln, den sozialen Wohnbau und die Erhaltung der Umwelt auf die Fahne heftet nicht gegen diese Entwicklung tätig werden und sie im Gegenteil sogar noch fördern, möge jede Leser*in selbst beurteilen…. – wenn man wollte, könnte es ja auch anders gehen!