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Donaustädter Bezirksvertretungssitzung im Juni 2020

  • Mittwoch, 17. Juni 2020 @ 21:23
Bezirksvertretung Ein Kaktusbericht von Judith Wieser

Am 4. Juni fand die erste Bezirksvertretungssitzung nach dem "Corona-Lockdown" in ungewohnter Einzeltisch-Sitzordnung statt.

Da in den letzten Monaten keine Feste und Eröffnungsfeiern stattgefunden haben, beschränkte sich der Bericht des Bezirksvorstehers auf die Mitteilung, dass die Volksschule in der Scheedgasse eine Ganztagesschule wird und die FMS Prinzgasse in die Scheedgasse 2 übersiedelt.

Umweltausschuss

Dass Anträge zu Begrünungsmaßnahmen auf Bezirksebene von jeder Partei gestellt werden, ist in der Donaustadt nichts Neues. Dass sich diesmal eine Ablehnung zu einem solchen Antrag gegen die Stimmen von Grün und Blau ergeben hat, entlockte dem Bezirksvorsteher ein ungewohnt unprofessionelles "Wäh". Aber es ist Wahlkampf und die Stimmung soll später noch wesentlich emotionaler werden.

Erstmals war auch die drohende Austrocknung der Lobau Bezirksthema. Die MA 49 wird dazu vor Ort ein Treffen aller Magistratsexpert*innen veranstalten. Es wäre mehr als wünschenswert, würde dieses Treffen öffentlich stattfinden, oder zumindest Vertreter*innen aller aktiven außerbezirksparlamentarischen Organisationen eine Teilnahme ermöglicht, um die Expertenaussagen ohne nachträgliche politische Filterung zu erhalten und auch die ein oder andere kontroverse Frage stellen zu können. Denn natürlich erhärtet sich durch die jahrelange politische Untätigkeit bezüglich dieses Problems der Verdacht, die fortschreitende Austrocknung könnte für den Bau des umkämpften Lobautunnels sehr gelegen kommen.

Rechnungsabschluss

Beim Rechnungsabschluss 2019/20 ist man wieder einstimmig stolz auf einen Budgetüberschuss. Gesamteinnahmen von € 35.796.128 inklusive Rücklagen, stehen etwa € 29.757.160 an Aufwänden gegenüber. Die Rücklagen in Höhe von € 6.284.370 wurden bis auf € 500.000 bereits wieder investiert. Natürlich wird auch auf Bezirksebene der wirtschaftliche "Corona-Einbruch" wahrgenommen. Alle geplanten Bezirksprojekte werden fortgesetzt und einige Projekte des kommenden Jahres werden vorgezogen, wofür auch vorübergehend Schulden gemacht werden - trotzdem wird es eine kleine Bezirksrücklage für 2020/21 geben. So sollen nachhaltige Projekte rascher umgesetzt werden. Dass für diese politische Initiative erst die Wirtschaft "unabwendbaren" Schaden nehmen muss, und in "guten Zeiten" alles gemütlich vor sich hinplätschern gelassen wird, ist ein trauriges Abbild der gesamten Klimapolitik.

Pop-Up-Radwege

Eine FPÖ-Resolution gegen Pop-Up-Radwege in der Donaustadt führte offenbar zum Wahlkampfauftakt durch Bezirksvorsteher Nevrivy. Dass der Pop-Up-Radweg in der Wagramer Straße zu spät und unbequem konzipiert war, ist dabei nicht neu. Dass die gesamte Bezirksvertretung allerdings so nett war, beim Thema Twitter den „Ihre Stimme brauche ich nicht“-Fauxpas des Bezirksvorstehers außen vor zu lassen, hat doch positiv überrascht – allerdings war wohl sonst niemand auf einen entsprechenden Gegenauftritt vorbereitet. In überdeutlichen Worten hat sich Nevrivy für einen raschen Ausbau der Radschnellverbindung von der Reichsbrücke bis Kagran positioniert, den Grünen schlechtes Handwerk entgegen aller Experten vorgeworfen (Agitation gegen Autofahrer statt für Radfahrer), die Beschilderung des diskutierten Pop-Up Radwegs als „für’n Oarsch“ befunden und „den Pfusch“ für unnötig erklärt. Ein politisch geschickter Schachzug, der Sympathien sowohl auf Radfahrer- als auch Autofahrerseite bringen kann.

Die gezeigte Emotionalität, die wohl das persönliche Anliegen unterstreichen sollte, verwundert allerdings insofern, als mir ein engagiertes Vorantreiben eines Rad-Schnellverbindungsprojekts seitens der Bezirks-SPÖ in meinem mittlerweile vierten Jahr als Zuhörerin im Bezirksparlament bisher nicht aufgefallen wäre. Es ist eben doch nur kurz vor der Wahl ‚vor der Wahl‘ und nicht, wie es immer heißt ‚Nach der Wahl ist vor der Wahl‘.

Die Grün-Fraktion war offensichtlich hierfür nicht „warm genug angezogen“, aber dass Nevrivy bei seinen detaillierten Ausführungen das „S 80-Problem“ und die ungenutzte Güterbahnstrecke nicht mit einbezogen hat, ist ein wichtiger Punkt in der Verkehrsplanung, vor allem, da er ja selbst festgehalten hat, dass eine Taktverdichtung der U1 zu Stoßzeiten nicht mehr möglich ist. Die FPÖ „betoniert“ hier ein weiteres Mal das Stadtstraßen-/Tunnel-Projekt als Rettung für alles und die ÖVP fordert, so wie jedes Jahr, ein gemeinsames Mobilitätskonzept. Die Resolution gegen weitere Pop-Up-Radwege in der Donaustadt wurde im Anschluss gegen die Stimmen der Grünen angenommen.

Lobau vor Austrocknung schützen

Erwähnenswert, weil überraschend, ist neben den „Traditions-Resolutionen“ noch eine Umwelt-Resolution der FPÖ, die untere Lobau vor Austrocknung zu schützen. Diese Resolution wurde von allen, gegen die Stimmen der SPÖ, angenommen.

Noch eine zweite Sitzung als Draufgabe

Im Anschluss fand noch eine neu eröffnete Sondersitzung (wohl wegen des „Corona-Ausfalls“) statt. Im Rahmen einer Resolution der Blauen als Kritik an den Corona-Maßnahmen, fiel hier der Einwurf eines ÖVP-Mandatars auf: „Wenn ihr Probleme mit Unternehmen habt – kommt zu uns und wir reden mit der Kammer. Dann mach ma was.“ In Hinblick auf den gerade stattfindenden Untersuchungsausschuss, der blaue und türkis-schwarze Netzwerke und „Schiebereien“ beleuchten soll, ist eine solche Aussage, sogar auf der kleinen Bezirksebene, bezeichnend.

Die nächste Bezirksvertretungssitzung sollte im September, wenige Wochen vor der Wien-Wahl stattfinden – wie immer wird der Kaktus mit dabei sein.