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Europäische Initiative für mehr leistbares Wohnen

  • Montag, 23. Dezember 2019 @ 17:00
Ein Gastbeitrag von Sabine Karrer, Aktivistin der Europäischen BürgerInneninitiative „Housing for All"

Menschen gegen Profitgier: Fast überall in Europa explodieren die Preise fürs Wohnen. Die europäische Bürgerinitiative „Housing for All“ (Wohnen für alle) fordert von der EU Reformen, etwa beim Beihilferecht, bei der Schuldenbremse und der Zweckentfremdung durch Kurzzeitvermietungen.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis und ein Menschenrecht. Damit darf genauso wenig spekuliert werden wie etwa mit Nahrung und Wasser. In der Realität wird mit „Betongold“ jedoch massiv Geld verdient. Während die Einen durch Spekulation immer reicher werden, werden in ganz Europa Menschen aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben, weil sie die ständig steigenden Kosten nicht mehr stemmen können. Tagtäglich finden unzählige Zwangsräumungen statt. Ganze Familien müssen kurzfristig bei Verwandten oder Freunden unterkommen oder landen auf der Straße. Rund 82 Millionen EuropäerInnen sind mittlerweile von den Wohnkosten überbelastet.

Wohnungsnot betrifft alle

Viele junge Menschen können gar nicht erst von zuhause ausziehen, ihr Studium oder ihre Ausbildung antreten. In immer mehr deutschen Unistädten werden Notunterkünfte für Studierende eingerichtet, die Warteleisten für Wohnheimplätze sind teils endlos. PensionistInnen sind massiv gefährdet, vor allem von Altersarmut betroffene Frauen. Alleinerziehende und junge Familien suchen teils Jahre nach einer leistbaren Wohnung. Dabei sind längst nicht mehr nur einkommensschwächere Gruppen von Wohnungsnot betroffen, sondern genauso Bevölkerungsschichten, die gerne als „Mitte der Gesellschaft“ zusammengefasst werden.

Auch in Österreich wird Wohnen immer teurer, weil die Kosten dafür wesentlich rasanter steigen als die Einkommen. Laut Arbeiterkammer stiegen die Netto-Wohnungsmieten bei neuen Verträgen im privaten Bereich um fast 50 Prozent. Und das ist noch nichts gegen Städte mit weitaus weniger Regulierung als etwa in Wien. In London bezahlt man für eine private Mietwohnung durchschnittlich 1800 Euro monatlich!

Wiener Initiative fordert die EU zum Handeln auf

Engagierte BürgerInnen und Organisationen wollten nicht länger zuschauen, wie Wohnraum immer knapper wird. Sie riefen die Europäische Bürgerinitiative „Housing for All“ ins Leben, um Druck auf die EU zu machen.

Zu den Forderungen, die unter http://www.housingforall.eu nachzulesen sind, betrifft eine das EU-Beihilferecht. In diesem Gesetz mit stark neoliberaler Handschrift ist auch der Wohnbau geregelt – und das schränkt die Staaten in ihrem Handeln dramatisch ein. Der Staat dürfe demnach nur Wohnraum „für die Ärmsten der Armen“ finanziell fördern. Etwa in den Niederlanden, wo von heute auf morgen mehr als 600.000 Menschen vom Zugang zum sozialen Wohnbau ausgeschlossen waren. Auch die sogenannten „Maastricht-Kriterien“ beschränken die Länder, Städte und Gemeinden bei Investitionen in kommunalen, sozialen, gemeinnützigen Wohnraum. Das Maastricht-Finanz-Korsett nimmt den Städten die Luft zum Atmen, es öffnet Privatisierungen Tür und Tor.

Zusätzlich verknappt wird Wohnraum in den Städten durch Kurzzeitvermietungen wie Airbnb, für die es bis heute keine einheitlichen, sozialen und wettbewerbsgerechten Regelungen auf EU-Ebene gibt. Dazu kommen befristete Mietverträge, die immer mehr eher Regel als Ausnahme sind.

Eine Million Unterschriften für leistbares Wohnen

Bis März braucht „Housing for All“ mehr als eine Million Unterschriften, damit der Kampf gegen das Missverhältnis zwischen Staat und Großkonzernen, Menschenrechten und Profitgier erfolgreich weitergehen kann. Online geht das ganz einfach unter http://www.housingforall.eu/at/petition (aus Österreich mit Reisepass- oder Personalausweis-Nummer).

„Housing for All“ fordert bessere EU Gesetze, damit mehr bezahlbarer, kommunaler und gemeinnütziger Wohnbau geschaffen werden kann.

Das umfasst:

* Die Erleichterung des Zugangs für alle zu gefördertem Wohnbau

* Keine Anwendung der Maastricht-Kriterien auf öffentliche Investitionen in bezahlbaren und sozialen Wohnbau

* Besserer Zugang zu EU-Finanzmitteln für kommunale und gemeinnützige Wohnbauträger

* Soziale und wettbewerbsgerechte Regeln für Kurzzeitvermietungen über Online-Plattformen

* Kleinräumige statistische Erfassung des Wohnbedarfs in Europa