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Geschichte und Geschichten aus der Lobau

  • Montag, 19. September 2016 @ 20:56
Am 18. September fand in der Donaustadt eine kulturhistorische „Wanderung durch die Lobau“ statt. Gastgeber der Veranstaltung war die Umweltinitiative „Rettet die Lobau – Natur statt Beton“, durch das Programm führte der Historiker Robert Robert Eichert, welcher auch zahlreiche (kultur-) historische Beiträge für die Bezirkszeitung verfasst.

Natürlich war auch der KAKTUS mit dabei und folgend soll eine kleine Rückschau zu dieser ausgesprochen gelungenen und in vielerlei Hinsicht interessanten Wanderung gehalten werden.

Begonnen wurde die Wanderung beim Gasthaus „Roter Hiasl“, wo es gleich die ersten geschichtlichen Informationen zur „Kolonisation“ der Lobau gab. So ging die eigentliche Lobau bis Ende des 1. Weltkriegs noch bis Stadlau. In der Zwischenkriegszeit begannen dann zahlreiche Siedlervereine oder auch Einzelpersonen, vor allem aus der wirtschaftlichen Not heraus, die Wälder zu roden und in kleinem Umfang Landwirtschaft und Viehzucht zu betreiben.

Doch zog es die Menschen nicht nur aus Arbeitslosigkeit und Hunger in die Lobau, sondern auch schon damals zum Vergnügen und zum Entspannen. Bestes Beispiel hierfür ist unter anderem die sogenannte Dechantlacke, wo im Sommer zahlreiche Menschen Erfrischung im kühlen Nass suchten. Eine interessante Anekdote in diesem Zusammenhang ist ein Verbot aus den späten 20er Jahren, wonach es den (fast ausschließlich proletarischen) Besuchern verboten wurde Badezelte zu errichten, da man von staatlicher Seite aus fürchtete diese würden als „kommunistische Agitationszentren“ genutzt werden. Selbstverständlich wurde auch die Geschichte der Nudistenbewegung behandelt, welche sich als ausgesprochen kontrovers erwies. Auf der einen Seite liberale Vereine und Vertreter auf der anderen Seite jedoch auch massiv rassistisch und völkisch denkende Gruppierungen. Als Provokation wurde Nacktbaden bis in die Nachkriegszeit gesehen, so wurden noch in den 40er/50er Jahren des 20. Jahrhunderts unbekleidete Menschen auf Zeitschriften der Nudistenbewegung von Ordnungskräften mit Filzstiften nachträglich „eingekleidet“ wurden.

Ebenso wurde die Jagd- bzw. Wilderer Geschichte des Gebiets behandelt. War die Lobau lange Zeit ein den Adeligen vorbehaltenes Jagdgebiet so kam es immer wieder(vor allem durch wirtschaftliche Not heraus) zu Zwischenfällen zwischen Jägern und Wilderern. Zahlreiche Meldungen und Zeitungsberichte aus dieser Zeit zeigen, dass es auch durchaus vorkam, dass beispielsweise die unterbezahlten Jagdgehilfen der Adeligen zu wildern begannen.

Gegen Ende der Wanderung kam das Thema auf die Umwelt bzw. die zahlreichen Eingriffe, welche in den letzten zweihundert Jahren an der Lobau getätigt wurden. Selbstverständlich wurden auch die mehr als problematischen Bauprojekte (Lobautunnel, neue Straßen quer durch das Naturgebiet,...) angesprochen, welche von der offiziellen Politik durchgesetzt werden möchten. Glücklicherweise gibt es zahlreiche engagierte Bürgerinnen und Bürger, welche sich gegen diese ökologisch und verkehrstechnisch unsinnigen Projekte stark machen!

Den Abschluss bildete der Besuch des Denkmals für die von den Nazis beim Tanklager Lobau eingesetzten ZwangsarbeiterInnen. Anschaulich wurde das Schicksal der Gefangenen geschildert, welche unter anderem Bunkeranlagen für Ölvorräte zu errichten hatten. Von den Menschen durften diese Bunker nicht benutzt werden. Wenn es beispielsweise zu Bombenangriffen auf dieses Gebiet kam wurden die Gefangenen sogar in das Umland getrieben. Eine Geschichte von Solidarität gibt es jedoch selbst in diesem Zusammenhang: So gab es in der Nähe des Tanklagers eine Wirtsfrau, welche die Zwangsarbeiter immer wieder mit Essenspaketen versorgte.

Schockierend der Bericht von zahlreiche Zwangsarbeiter aus der Lobau, welche in den letzten Kriegstagen, als Wien bereits befreit war, bei einem Todesmarsch Richtung Westen von einer Gruppe SS-Männern ermordet wurden! Zu ihrem Gedenken wurde von der Bezirksvertretung 2010 ein Mahnmal beim Ölhafen Lobau errichtet.

Zum Schluss muss man noch einmal den Organisatoren danken eine solche Veranstaltung auf die Beine gestellt zu haben, welche sowohl die Naturschönheit der Donaustadt zeigte als auch interessante Einblicke in die Bezirksgeschichte gab!