Willkommen bei KAKTUS - Online / KPÖ-Donaustadt 

Petition zur Rettung der Petitionen

  • Freitag, 6. März 2015 @ 07:49
von Margarete Lazar (parteilos, arbeitet im Kaktusteam mit)

Vollmundig tönte es im Jahr 2013 von der Wiener Stadtregierung „Das Wiener Petitionsrecht steht für einen bürgernahen, offenen und dialogorientierten Umgang der Stadt Wien mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es bietet für die Menschen in Wien eine direktdemokratische Möglichkeit, sich unmittelbar in politische Prozesse einzubringen.“ Als gelernte BewohnerInnen dieser Stadt, in der eine Partei mit 47% Stimmen 52% der Mandate bei Landtagswahlen bekommen kann, durften wir gespannt sein, was aus diesem Petitionsrecht wohl werden würde, wenn es einmal groß und stark ist. Und man hat uns nicht enttäuscht. Aber gleich mehr davon.

Zuerst einmal in die historische Mottenkiste:

Petitionen haftet bekanntlich ja ein Modergeruch von Untertanenbittstellerei an. Schon in der frühen Neuzeit konnten im Heiligen Römischen Reich an einen sogenannten Reichshofrat Bitten Einzelner um Hilfe, Schutz und Vermittlung herangetragen werden, die dann von den „Hofräten“, die dem Kaiser ganz nahe standen, flexibel entschieden werden konnten. Bürgerrecht war dies natürlich keines, sondern eher dazu angetan, die „Ruhe“ (erste Bürgerpflicht!) im Reich zu bewahren.

Heute wird uns das Petitionsrecht in Wien als Bürgerrecht verkauft. Die Handhabung dieses Rechts erinnert leider jedoch sehr stark an kaiserliche Zeiten. Andererseits, wen wundert das, nennen wir doch die Bezirksvorsteher auch heute noch Bezirkskaiser und das nicht zuletzt deshalb, weil sie sich häufig wie Kaiser gebärden, solche vor der Aufklärung, wohlgemerkt.

Seit 2013 werden von den Bürgern laufend Petitionen angeregt und mit der erforderlichen Zahl von Unterschriften bzw. auch weit darüber hinaus im Rathaus vorgelegt. Die Behandlung derselben ist jedoch mehr als ernüchternd. So hat zum Beispiel die Bürgerinitiative Hirschstetten-retten eine Petition mit tausenden Unterschriften eingereicht. Die Petition wurde abgeschmettert, es wurde nicht einmal jemand zu einer persönlichen Stellungnahme eingeladen. Erst vor kurzem „wunderte“ sich sogar eine Redakteurin der Bezirkszeitung über den mangelnden Respekt, der dem Bürgerwillen in Form von Petitionen entgegengebracht wird. So begannen beim Arbeiterstrandbad bereits die Abbrucharbeiten, obwohl eine Petition im Laufen war!

Ja, was ist hier bloß los?

Könnte es sein, dass wir uns in einer lang anhaltenden Saturnalie befinden wie im alten Rom, wo sie jedoch jeweils nur von kurzer Dauer war? Da durfte der Knecht den Herrn spielen und der Sklave wurde bedient. In Wien gaukelt man uns vor, die BürgerInnen wären diejenigen, die bestimmen, in Wahrheit ist es natürlich unsere Stadtregierung, die ja immer besser weiß, was uns frommt. Schließlich bekommt jeder mit dem Amt auch den Verstand dazu, oder? Und alle sollten doch eigentlich wissen, dass das Petitionsrecht nur eine Täuschung und ein Spiel ist.

Wie konnten wir nur so naiv sein!