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Wahlrecht für Drittstaatenangehörige

  • Sonntag, 21. Dezember 2014 @ 14:00
Ein solches gibt es bereits in vielen Städten Europas – in Wien (bzw. Österreich) bleibt aber (wie lange noch?) alles anders!

Die undemokratische 5%-Sperrklausel, die alle Parteien, die mit ihrem Wahlergebnis unter 5% liegen, von der Mandatsermittlung ausschließt, zählt zu den wichtigsten Hindernissen für ein neues faires Wahlrecht, in dem jede WählerInnenstimme gleiches Gewicht bekommt. (Siehe dazu auch unseren Kaktuskommentar vom 14.Dezember 2914).

Ein weiteres großes Manko im Wiener Wahlrecht besteht darin, dass fast ein Viertel (!) der in Wien lebenden Menschen als „Drittstaatenangehörige“ bei Gemeinderatswahlen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. (Bei Bezirksvertretungswahlen liegt dieser Anteil bei 15%, weil zumindest hier EU-BürgerInnen das aktive und passive Wahlrecht besitzen.)

Die rotgrüne Stadtregierung inszeniere nur Theaterdonner während „hinter den Kulissen an einem Ausländerwahlrecht gearbeitet“ wird, mutmaßt jüngst der VP-Wien-Obmann Juraczka (siehe Standard-Bericht vom 18.Dezember 2014), womit er einmal mehr unter Beweis stellt, wie hinterwäldlerisch und wie weit weg seine Partei von einem wirklich demokratischen Wahlrecht liegt.

Es sei ein „Legitimationsproblem, wenn in Bezirken bei Wahlen bis zu einem Drittel ihrer BewohnerInnen ausgeschlossen bleiben“, meint dazu Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und soweit stimmen wir ihr vollinhaltlich zu. Das ändert nichts an unserer Kritik, dass die Parteien der rotgrünen Rathauskoalition bisher in dieser Angelegenheit „den Ball nur sehr flach gehalten“ haben, während die öffentliche Meinungsbildung in dieser Frage viel zu lange nahezu unwidersprochen den rechten Oppositionsparteien überlassen blieb.

Wir freuen uns wenn Frau Frauenberger sich jetzt bei „der Wahlrechtsreform einen (neuen) Vorstoß " wünscht und hoffen dass dieser Wunsch der Integrationsstadträtin kein wieder ins leere gehender unerfüllter„Wunsch an das Christkind“ bleibt.

Standardinterview vom 19.12.2014 - Hier klicken!

(Bislang bekamen wir von ihr und aus ihrem Büro meist zu hören, dass sie als Integrationsstadträtin auf die parlamentarische Arbeit leider keinen Einfluss habe.)

Wir hoffen jedenfalls darauf, dass unsere neuen Erwartungen im Jänner von der Rathauskoalition nicht wieder enttäuscht werden.

Fragen über Fragen, sowohl an die SPÖ als auch an die Grünen

Um ein Wahlrecht für „Drittstaatenangehörige“ in Wien einführen zu können, müssten erst auf Bundesebene, die dazu erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden, beschied der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2004 und kippte damals auf Betreiben von FPÖ und ÖVP einen im Jahr 2002 von rot-grün im Gemeinderat gefassten Beschluss, der zumindest auf Bezirksebene das Wahlrecht für „Drittstaatsangehörige“ vorgesehen hätte.

„Wir in Wien (gemeint ist die rotgrüne Rathauskoalition) würden ja gerne, aber es fehle dazu die auf parlamentarischer Ebene erforderliche Mehrheit“ so oder ähnlich lautet deren seither dazu wiederkehrende Standardausrede.

Viele Jahre sind vergangen. Wir erlauben uns an die SPÖ die Frage zu richten, wie oft und wann sie bisher dazu parlamentarische Initiativen gesetzt hat, bzw. sie auf Bundesebene in Parteienverhandlungen mit ihrem Regierungspartner ÖVP für ein Wahlrecht für Drittstaatenangehörige eingetreten ist.

Und an die Grünen gerichtet, vermissen wir, abgesehen von ihrem im Parlament gestellten und seither vertagten und bis jetzt unerledigt gebliebenen Antrag, solche Initiativen, insbesondere in jenen Bundesländern, wo die Grünen in der Zwischenzeit gemeinsam mit der ÖVP Regierungsverantwortung tragen, ebenso.

Nachdem in der Zwischenzeit die Grünen in 5 Bundesländern in Landesregierungen vertreten sind, wäre es doch interessant, wie sich die ÖVP in der Regierung und im Parlament verhalten würde, wenn 5 Bundesländer gemeinsam für ein Wahlrecht für „Drittstaatenangehörge“ eintreten würden.

Sowohl aus Graz als auch Linz gibt es Gemeinderatsbeschlüsse, die sich auf zumindest kommunaler Ebene für das "Wahlrecht von Nicht-EU-BürgerInnen" einsetzen.

In vielen Städten Europas ist ein Wahlrecht für Drittstaatenangehörige längst Wirklichkeit. Noch in 12 der insgesamt 28 EU-Mitgliedsstaaten gibt es keinerlei Möglichkeit für Drittstaatsangehörige sich an Wahlen zu beteiligen, wozu neben Deutschland auch Österreich zählt.

Wahlrecht für Drittstaatenangehörige im EU-Vergleich - Hier klicken!

Wann wird auch in Wien (bzw. Österreich) diesbezüglich alles anders?

Die Forderung nach einem Wahlrecht für MigrantInnen auf zumindest kommunaler Ebene war bereits in den Jahren 2007/2008 Inhalt einer aus unserem Bezirk im Internet gestarteten überparteilichen Onlineaktion. Ihr Aufruf wurde damals in nur wenigen Wochen von mehr als 1000 DemokratInnen unterstützt. (siehe Kaktusberichte vom 7.5.2007, 23.5.2007, 27.8.2007, 26.11.2007, 13.3.2008)

„In der Stadt in der wir leben wollen, sind unserer Sprachen viele..., heißt Integration zuerst gleiche Rechte und Teilhabe...“ meint die KPÖ-Wien und beschloss auf ihrer 23.Landeskonferenz (2012) die Forderung nach einer ResidenzbürgerInnenschaft (dort wo eine Person ihren Lebensmittelpunkt hat, besitzt sie alle politischen und sozialen Rechte) Diesem Standpunkt folgend unterstützt die KPÖ Wien jeden ernstgemeinten Schritt zur Durchsetzung sowohl des aktiven als auch passiven Wahlrechts für Drittstaatenangehörige und tritt auf allen politischen Ebenen unmissverständlich dafür ein.

„Es ist nicht einzusehen, dass Menschen mit ausländischer Herkunft, die hier leben, durch ihre Arbeit und/oder ihren Konsum, durch die durch Sie bezahlten Steuern zu unserem Volkswohlstand beitragen, in ihrer Arbeit, am Wohnungsmarkt und in ihren sozialen und demokratischen Rechten benachteiligt werden.“ meinte die KPÖ-Donaustadt und nominierte neben mehreren KPÖ-KandidatInnen ausländischer Herkunft mit inzwischen erworbener österreichischer Staatsbürgerschaft zu den letzten Gemeinderatswahlen 2010 einen parteiunabhängigen KPÖ-Kandidaten ohne österreichische Stattsbürgerschaft, der seit vielen Jahren in Wien lebt und als Spengler arbeitet, auf dem ersten Listenplatz im Wahlkreis Donaustadt. (Siehe Kaktusbericht vom 2.8.2010) Selbstverständlich war uns dabei klar, dass die Wahlbehörde seine Kandidatur auf Grund der damals und auch derzeit gültigen Gesetzeslage nicht akzeptieren würde. Er wurde amtswegig von unserer Liste gestrichen. Die KPÖ wollte aber mit diesem Wahlvorschlag in der Donaustadt ein über die Wahlen und über die Donaustadt hinausreichendes symbolisches und politisches Zeichen setzen.

„Wer für ein wirklich demokratisches Wahlrecht in Wien eintritt, muss sich auch für ein aktives und passives Wahlrecht für alle in Wien lebende Menschen, unabhängig ihrer Herkunft und Staatsbürgerschaft einsetzen und darf die öffentliche Debatte darüber nicht länger den rechten Parteien überlassen“ meint die KPÖ dazu auch heute.

Weitere Ideen und Vorschläge, wie die beiden Rathauskoalitionsparteien, solange im Parlament nicht durchgesetzt in der Öffentlichkeit dafür politisch aktiv werden könnten, finden sich in einem KPÖ-Beitrag vom 12.12.2014 „Die Menschenrechtsstadt Wien - große Versprechungen, keine Taten“ – Hier klicken!

Unserer Unterstützung dabei wären sie gewiss!