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Freihof-SiedlerInnen: Neue Armutsfalle abgewendet?

  • Samstag, 12. Mai 2012 @ 08:30
"Widerstand der SiedlerInnen blieb nicht ohne Wirkung

2012 laufen viele der von der Stadt Wien mit Genossenschaften abgeschlossenen Baurechtsverträge aus. Für neue Verträge sollte zunächst eine Erhöhungen des Pachtzinses auf EUR 8,38 pro Jahr und Quadratmeter Grundfläche erfolgen, was zu einer Verdrei- bis Vervierfachung der Nutzungsentgelte geführt hätte. Vor kurzem erhielten die Betroffenen von Freihof Kagran eine neue Information, dass es nun doch nicht so schlimm kommen und die Erhöhung um 2/3 geringer ausfallen soll.

Die RathauspolitikerInnen hatten ihre ursprüngliche Forderung so begründet, dass die SiedlerInnen ohnedies zu den „Privilegierten“ gehören.

Soziale Sprengkraft!

Ja, es gibt auch solche SiedlerInnen, denen es gut geht. Die meisten aber müssen sich ihr Geld einteilen und haben vor ihrer Tür auch nicht „mehrere teure Autos stehen“. Und unter ihnen gibt es auch solche, die mit einem Einkommen unter der Armutsgrenze auskommen müssen. Mindestens 20 000 DonaustädterInnen sind von Armut betroffen – Wie viele davon wohnen in der Freihofsiedlung?

Und es gibt gar nicht so wenige unter ihnen (darunter viele Jungfamilien), die sich im Vertrauen auf das bisher „geringe Nutzungsentgelt“ (oft mit Hilfe ihrer Eltern), gemessen an ihrem Einkommen, hoch verschuldet haben. Sie fürchten, dass ihnen bei einer drastischen Erhöhung des Nutzungsentgelts, das nötige „Kleingeld“ dazu ausgeht, um ihre Kredite weiter bedienen zu können. Bei vielen der von den SiedlerInnen privat finanzierten Investitionen handelt es sich um keinen „Luxus“, sondern um Leistungen, für die unter normalen Bedingungen (auch nach dem Mietrechtsgesetz) der Vermieter aufzukommen hätte.

Erhöhung um „2/3 billiger“ – aber immer noch kein Pappenstiel!

„Der Vorstand hat die letzten Monate intensiv dazu genützt, um den Vorschlägen für neue Baurechtsverträge durch die Stadt Wien konsequent entgegenzutreten und…um zu einer sozial verträglichen Lösung zu gelangen.“ Die Stadt Wien habe ein nunmehr neues Angebot gelegt, „wonach statt den im September 2011 geforderten Betrag von EURO 8,38 pro Jahr und Quadratmeter nur ein Betrag von EUR 2,80 pro Quadratmeter im Jahr für bestehende Nutzungsverträge begehrt wird.“

Das Schreiben der Siedlungsunion im Wortlaut - Hier klicken!

Der neue Vorschlag des Wiener Rathauses bedeutet für ein „durchschnittlich großes Siedlungshaus mit 67m² Wohnnutzfläche“ eine Erhöhung des monatlichen Nutzungsentgeltes von ca. EURO 75,00. Über das Jahr gerechnet ergibt sich „für BezieherInnen kleiner Einkommen immer noch eine Mehrbelastung von einem nahezu ganzen Monatsgehalt“, stellte eine Siedlerin bei einer Protest-Kundgebung fest.

Für die meisten der Betroffenen ist die um 2/3 „verbilligte Erhöhung“ immer noch kein Pappensstiel. Neuverträge werden übrigens zu den neuen Bedingungen vom September 2011 abgeschlossen.

Mehr als durch „Kampfmaßnahmen“ erreicht?

Die Siedlungsunion will sich bei ihren Verhandlungen vom „Medienwirbel“ und „populistische Provokationen“ nicht beirren haben lassen und meint, „mehr“ als durch „Kampfmaßnahmen“ erreicht zu haben. Ob es ohne den Widerspruch der Betroffenen, ihre öffentlichen Protestaktionen, die ORF-Sendung „Am Schauplatz“ und viele andere Medienberichte auch zu dem jetzt neuem Angebot der Stadt gekommen wäre, muss allerdings mehr als bezweifelt werden.

Jeder kann sich dazu ja seine eigene Meinung bilden. Wir beschränken uns darauf folgendes in Erinnerung zu rufen:

  • Noch im November des Vorjahres verteidigte die SPÖ-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Siedlungsunion Ingrid Schubert die Erhöhung der Pachtzinse in der im September des Vorjahres vorgeschlagenen Höhe: „Vertretbar maßvoll.“
  • Und noch im Dezember hielt sie die den damaligen Vorschlag von Stadtrat Ludwig), die Erhöhung des Baurechtszinses in 10 Jahresschritten zu staffeln (damit sollte die Erhöhung erst in 10 Jahren voll wirksam werden) für ausreichend, „um die Wirksamkeit der neuen Verträge sozial verträglich“ zu gestalten.

    Siehe auch Kaktusbericht vom 27.März 2012

    PS: Das oben verwendete Foto haben wir auf der Website des MGSSVÖ gefunden und uns dort die Zustimmung zur Verwendung in der Kaktusdruckausgabe eingeholt. Wie uns in der Zwischenzeit telefonisch mitgeteilt wurde, liegt das "copyright" aber bei den Betreibern der Website www.freihof-kagran.at . (Für alle, die an den Vorgängen rund um die Freihofsiedlung näher interresiert sind, lohnt sich der Besuch dieser Website, wo man vieles über die aktuelle Situation zum Thema Baurechtszins aber auch viele Informationen zur Geschichte der Gnossenschaft findet.) Wir bedanken uns für die nachträgliche Erlaubnis das Foto auch auf unserer Website verwenden zu dürfen.

    Weitere Kaktusberichte zum Thema:

  • Wien lässt die Falschen zahlen (Kaktusbericht vom 08.12.2011)
  • So spielt man den FPÖ-Demagogen in die Hände!
  • Umdenken auch bei den Baurechtspachtzinsen?