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Neue Wiener Mittelschule – das pädagogische Paradies an der AHS Theodor Kramer Str.!

  • Mittwoch, 25. Februar 2009 @ 08:16
Brief eines Lehrers - von Karl Gugler, Lehrer an der AHS-Theodor Kramerstraße

Das Bezirksjournal, aber auch andere Zeitungen, vermelden den erfolgreichen Start der Neuen Wiener Mittelschule (NWMS) mit Beginn des kommenden Schuljahres. Zwanzig Standorte hätten sich wienweit dafür entschieden. Sieht man sich die dazu gehörende Liste näher an, dann fällt auf, dass gerade einmal fünf (von achtzig) Unterstufen von Gymnasien dabei sind. Dass auch der Contiweg schon mitgezählt wird, obwohl das Schulhaus nicht einmal noch steht, stimmt nachdenklich. Dass die anderen fünf, so auch die AHS Theodor Kramer Str., zugestimmt haben, liegt aber eher nicht im Glauben ans Paradies, als vielmehr am Wissen, dass ein Mehr an Ressourcen kleinere Lerngruppen und anderes ermöglicht und die amtlich in einer Lehrer/innen/konferenz erfolgte Verlautbarung, dass man die auch verlieren kann. Die eben genannte Schule verfügt über diese besseren Ressourcen aber bereits seit ihrem Beginn, also seit mehr als zehn Jahren. Mit der NWMS hat das also gar nichts zu tun. Die Ankündigung, dass etwa 20 Kolleg/inn/en ihren Job woanders fortsetzen hätten müssen oder gekündigt worden wären, hat die Zustimmung bewirkt.

Nach aktueller Information haben sich jetzt mehr als 260 Schülereltern um die insgesamt 125 Plätze für Neuaufnahmen beworben. Sichtlich freudvoll gibt das die Fr. Präsidentin des Stadtschulrates Dr. Brandsteidl (SPÖ) auch vorzeitig bekannt, weil sie doch meint, dass die hohe Nachfrage ein Beweis für die Güte ihrer Idee – der NWMS nämlich – sei. Ich frage mich nun zweierlei. Was werden wohl die 135 Abgewiesenen denken? Und nach welchem Verfahren (und mit welchen Gefühlen im Bauch) wird der Leiter der Theodor Kramer Str. die Selektion durchführen? So, wie immer schon, nehme ich an: zuerst kommen die dran, die schon ein Geschwisterkind bei uns haben, dann die mit lauter Einsern, dann die mit nur einem Zweier ... und dann wird der Laden bereits wieder voll sein. Vielleicht gibt es dann einen Auftrag an ihn, auch einige wenige „schlechtere“ Kinder aufzunehmen. Die werden dann vermutlich schon bei den Geschwisterkindern enthalten sein. Alles in allem – sicher kein sehr angenehmer Teil des Tuns eines Schulleiters.

Als dem Lehrpersonal Angehörender der oben erwähnten Schule kann man sich für das Kompliment, das durch die hohe Anmelderate von den Eltern ausgesprochen wird, nur bedanken. Dass diese hohe Nachfrage schon seit vielen, vielen Jahren stattfindet, lässt einem aber darauf kommen, dass das wohl kaum der tollen Idee der NWMS geschuldet ist. Diese Stetigkeit hoher Nachfrage kann man wohl nur so deuten, dass die internen bunten und vielfältigen Schwerpunktsetzungen von den Eltern anerkannt werden: offene Lernformen, vielfältigere Fremdsprachenangebote, bilinguale Modelle, informatikgestützte Beiträge, sportlich ernstzunehmende Formen und bemerkenswerte andere Aktivitäten. Diese vom Leiter der Schule begründete und organisierte Vielfalt zog selbstverständlich eine von der „Norm des Gymnasiums“ etwas abweichende Population von Lehrer/inne/n an diese neu aufzubauende Schule. Vielleicht kam so ein etwas freundlicheres Schulklima zustande. Und vielleicht hat so mancher Elternteil den Glauben an die Chance in der Chancengleichheit im Kopf, dass das Kind gar nicht mehr den Schulstandort wechseln muss, wenn ihm eventuell doch nicht die Chancen (von den Lehrer/inne/n) wieder genommen werden. Dann könnte es ja über die hauseigene Oberstufe gleich zur Matura kommen und etwas Besseres werden.

Daran glauben viele, vermute ich. Dabei passiert aber schön regelmäßig ein fataler Denkfehler – was aber auch nicht verwunderlich ist. Auch anlässlich der nächsten Wahlen in Wien wird die SPÖ wieder die schöne „Chancengleichheit“ ins Rampenlicht stellen. Und die vielen Wähler/innen dieser Partei werden dieser Irreführung auf den Leim gehen. Dabei wäre es so einfach – wie beim Brieflos. Der Besitz eines Loses bedeutet nicht mehr, als dass die Chance auf den Hauptgewinn gewahrt bleibt. Er grenzt aber die Gedanken zur Eintrittswahrscheinlichkeit aus. Der Besitz einer Chance auf den Hauptgewinn erzeugt ein Prickeln im Bauch, das einen hoffen lässt. Die Niedergeschlagenheit kommt immer erst dann, wenn gewiss ist, dass man (wieder einmal) verloren hat.

Das ist eine Gemeinheit!

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at