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Viele wissen davon, keiner ist zuständig.

  • Samstag, 13. Dezember 2008 @ 08:00
Bezirksalltag Stadlau: Gleichbleibende Giftbelastung trotz baulicher Veränderungen?

Ein Hinweis, dass ein „Privater“ ein „Projekt“ in der Stadlauer Gotramgasse eingereicht hätte, war der Startpunkt zu einem, für Wien offensichtlich typischen, Behördenslalom.

Siehe auch unsere Kaktusberichte vom 16.April 2008 und 01.Juli 2008

Wie bekannt produzierte eine Borfabrik bis 1973 an diesem Standort und lagerte dabei Bor- und Arsenrückstände in Boden und Grundwasser ab. Im Jahr 1984 wurde das Gelände teilweise abgesichert, wodurch die Verunreinigungen aber nicht zur Gänze eingegrenzt werden konnten. So wurden zum Beispiel „ im östlichen Teil des Altstandortes (außerhalb des umschlossenen Bereiches) Untergrundverunreinigungen“ und „ein Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser“ festgestellt. „Der östliche Teil des Altstandortes (Borfabrik Gotramgasse – Teilbereich Ost) stellt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar.“ Weiters findet ein Schadstoffeintrag in das Grundwasser statt. Entsprechend der Untergrundverunreinigung ist das Grundwasser im Bereich des Altstandortes sowie im Abstrom mit Arsen und Bor belastet. Der östliche Teil des Altstandortes „Borfabrik Gotramgasse“ stellt eine erhebliche Gefährdung für das Schutzgut Grundwasser dar.“ Aufgrund einer ausführlichen Untersuchung schlägt das Umweltbundesamt eine Einstufung in die (kleinste) Prioritätenklasse 3 vor. Die derzeitige Nutzung ist zwar uneingeschränkt möglich, bei allfälligen Nutzungsänderungen wären aber einige Punkte zu beachten. So muss „im Zusammenhang mit allfälligen zukünftigen Bauvorhaben bzw. der Befestigung von Oberflächen“ „die Art der Ableitung der Niederschlagswässer eingehend untersucht werden.“ Und: „Das bei Tiefbauarbeiten ausgehobene Material muss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechend behandelt bzw. entsorgt werden“ (Gutachten des Umweltbundesamtes vom 20. 11. 2006)

Welche MA macht was?

Auf Anfrage bei diversen Gemeindeabteilungen war in Sachen „Altlastenentsorgung“ folgendes zu erfahren:

  • Die MA 22 (Umwelt) weiß von den dortigen Verbauungsplänen, wird aber nur als Gutachter gefragt werden.
  • Die MA 58 (Wasserrecht) kann nur auf Grund von vorliegenden Anträgen und Expertisen ablehnen oder zustimmen.
  • Die MA 45 wird nur im Auftrag der Gemeinde aktiv und das nur auf gemeindeeigenen Grund und/oder bei Gefahr in Verzug. Beides trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Für die Sicherung der Altlast „Borfabrik“ in Stadlau ist offenbar keiner zuständig! Eine Rückfrage beim Büro des Wiener Umweltausschusses ergab, dass man dort überhaupt nicht Bescheid wusste. In Folge wurde man an die betroffene Bezirksvorstehung verwiesen.
  • Und der Bezirk?

    Von dort wiederum wurde der Fragesteller an den für Stadlau zuständigen Bezirksrat weitergereicht. Dieser hatte endlich einige Informationen. Und da gab es die nächste Überraschung: Es stellte sich heraus, dass die ganze Zeit von einem ganz anderen Grundstück, nämlich Gotramgasse 6, die Rede war. Dieses wurde schon bisher von der Firma AVE, einem Abfallverarbeitungsunternehmen, genutzt. Nun will man dort einige oberflächliche Veränderungen, wie geänderte Verwendung von Hallen, Anlage von Parkplätzen oder Aufstellen eines Schredders, vornehmen. Anfang Dezember wird eine Vor-Ort-Verhandlung mit Beteiligung diverser Zuständigen stattfinden. Die dazu gehörigen Pläne liegen zwar in der Bezirksvorstehung auf, sind aber nur für Personen mit „Parteienstellung“ einsehbar. Die zuständige Beamtin meinte außerdem, dass für sie nur die MA36a (Gewerbeaufsicht) als Ansprechpartner Gültigkeit hätte, die anderen MAs würden erst bei Bedarf zugezogen.

    Was geschieht gegen das Gift?

    Um den Altstandort „Borfabrik“ in der Gotramgasse 11 ging es also gar nicht. Seine Umweltgefährdung und eventuelle Sicherungsmaßnahmen bleiben weiterhin unbeachtet! Stellen sich also abschließend zwei Fragen:

  • In wie weit sind die baulichen Veränderungen auf dem Grundstück der AVE von den Bor- und Arsenvergiftungen in Boden und Grundwasser betroffen? Die bevorstehende Verhandlung könnte da etwas Klarheit schaffen.
  • Wann und in welchem Ausmaß ist die zuständige Behörde bereit, die „Umweltbombe“ rund um die stillgelegte Borfabrik zu entschärfen?
  • Eine diesbezügliche „Erinnerung zum Wiener Gemeindebudget“ wartet dringend auf Antwort.