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Sie reden ziemlich viel Unsinn, Herr Bezirksrat!

  • Donnerstag, 4. Dezember 2008 @ 20:08
Brief eines Lehrers
von Karl Gugler, AHS Theodor Kramerstraße

Ich muss Ihnen doch recht heftig widersprechen, Herr BR Mag. Sepp Albel. Was Sie da unlängst veröffentlicht haben über die paradiesischen Zustände in den Schulen der Donaustadt, riecht eher nach Karrierestreben des Autors, als nach gründlicher Recherche des Ist-Zustandes. Ich möchte also – nach 23 Jahren Dienst an Donaustädter Schulen – Ihre Lobhudelei mit Fakten unterfüttern, die etwas näher an der Wahrheit liegen.

Den „gemeinsamen Unterricht aller Zehn- bis Vierzehnjährigen“ hat ganz und gar nicht die SPÖ Unterrichtsministerin Claudia Schmied gestartet. Dies geschah schon vor rund 8 Jahren durch Gründung des sogenannten Schulverbundes. Dabei wurden etwa 8 Hauptschulen und die Unterstufe des Theodor Kramer Gymnasiums unter der schulpolitischen Idee der Gesamtschule zusammengefasst. Später wurde dieser Schulverbund in den Schulversuch (Kooperative) Mittelschule umbenannt. Die beteiligten Hauptschulen tauften sich rasch und freiwillig in Mittelschule um. Die „Umwandlung“ der Unterstufe des Gymnasiums Theodor Kramer Strasse lief schon weniger reibungsfrei. Damit wurde angestrebt, dass die nunmehr Mittelschule genannten Hauptschulstandorte auch leistungsfähigere Schüler/innen aus den Volksschulen erhalten sollten. Die Selektion in „gute“ und „schlechte“ Schüler/innen sollte nicht schon mit 10 Lebensjahren erfolgen, sondern erst mit 14. Ein bescheidener Fortschritt. Marke SPÖ eben). Damit sollte es aber plötzlich unwichtig werden, ob ein Kind die Mittelschule Prinzgasse oder Lieblgasse (ehemalige Hauptschulstandorte) oder die Mittelschule der AHS Theodor Kramer Strasse / Unterstufe (ehemalige gymnasiale Unterstufe) besuchte. Logischerweise sollte dann auch die geringere Wohnentfernung über die zu besuchende Mittelschule entscheiden. Die Wirklichkeit sieht anders aus.

Meldezetteladressen im äußersten Nahbereich der AHS Theodor Kramer Strasse waren bei den Eltern plötzlich viel wert, jedenfalls bei denen, die rechtzeitig gerochen haben, was ihnen da aufgetischt wurde und die das Märchen von der sozialdemokratischen Chancengleichheit durchschauten. Volksschulzeugnisse mit (fast) lauter Einsern und (neuerdings) zusätzlich eine Adresse der Oma im Nahbereich der Theodor Kramer Strasse waren die wichtigsten Tickets, laut Meinung der Eltern, zur Chancenwahrung des Kindes.

Völlig unterschlagen wird dabei von den SPÖ-Euphorikern die unbedingt einzuhaltende Auflage, dass diese „Reform“ keine Mehrkosten verursachen durfte. Die werte Frau Gehrer (ÖVP) überwachte das schon. Wie ging das?

Die (ehemaligen) Hauptschulstandorte verfügten als solche, bedingt durch die Führung von 3 Leistungsgruppen, über ein nicht unerhebliches Kontingent an (bezahlten) Lehrer/innen/stunden. Und wenn man dieses an insgesamt 8 Hauptschulen durch Wegfall der Leistungsgruppen verringert, kann man es an der mitmachenden AHS-Unterstufe ordentlich erhöhen. Konkret bedeutete dies, dass an der AHS Theodor Kramer Strasse statt etwa 38 Lehrerwochenstunden (in „Werteinheiten“) pro Klasse Realgymnasium nun ca. 50 Lehrerwochenstunden pro Klasse Mittelschule bereitgestellt und bezahlt wurden und werden.

Gelernte Österreicher/innen freuen sich normalerweise, wenn sie wieder einmal sparsam gewirtschaftet haben. Tun sie das auch noch in Zeiten, in welchen die Heuschrecken in den Banken 100 Milliarden verzockt haben? Aber sicher doch!

So. Jetzt kommt die „Neue Wiener Mittelschule“. Nach einer „grundlegend positiven Veränderung“, wie Sie schreiben, Herr Bezirksrat Albel, sieht mir das Konzeptpapier dazu eher nicht aus. Neu daran ist: neben vielen Kann- und Soll-Bestimmungen muss in der 3. und 4. Klasse von externer Seite der Leistungsstand der Schüler/innen getestet werden. Was vernünftig klingt, lässt völlig außer Acht, unter welchen Bedingungen die Schüler/innen zusammen mit den Lehrer/innen diese Leistungen erbracht haben werden. Dann wird man – gleich schlechte Arbeitsbedingungen für alle vorausgesetzt – jene Lehrer/innen brandmarken können, bei denen schlechte Schüler/innen/leistungen herauskommen. Dann können Eltern beruhigt feststellen: mein Kind hat zwar Schaden erlitten, hat seine Chancen verloren, wurde zwar aussortiert – aber der/die Lehrer/in, der/die daran beteiligt war, auch.

Was für ein Fortschritt! Ein kapitalistischer eben.

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at