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Nein, Frau (Stadtschulrats-) Präsidentin, so nicht, bitte!

  • Donnerstag, 12. Juni 2008 @ 04:27
Brief eines Lehrers - von Karl Gugler, AHS Theodor Kramerstraße

Ich war wohl etwas zu euphorisch, Frau Präsidentin, als ich Ihnen in meinem letzten "Brief eines Lehrers" meinen Dank ausgesprochen habe. Ich nehme ihn vollinhaltlich zurück! Ich stimme Ihnen immer noch zu, wenn Sie die Neue Wiener Mittelschule realisieren und die Zahl der verfügbaren (AHS-)Schulplätze für Donaustädter Kinder innerhalb des Wohnbezirkes erhöhen wollen. Und wir tun auch etwas dafür! Wir nehmen gerne 60 zusätzliche ErstklasslerInnen auf, obwohl das Produkt aus 2 mal 25 doch eigentlich 50 ist. Das Schulhaus, obwohl für 32 Klassen gebaut, wird die 39 Klassen schon irgendwie verkraften. Na ja, das Haus sicherlich, aber wir, die SchülerInnen und LehrerInnen? Wir werden also die Zahl der ErstklasslerInnen um 40 Prozent erhöhen - und was tun Sie?

Sie erhöhen nicht unser laufendes Budget, so wie das jedem nichtsahnenden Menschen auf der Straße einleuchten würde, nein, Sie kürzen es! Und gleich um ganze 15 Prozent! Bei Ihren Pressekonferenzen machen Sie immer so tolle, lautstarke Ankündigungen (siehe auch Ihre Versprechungen beim Stadtgespräch zum Thema Gesamtschule! - hier klicken!) und klammheimlich drehen Sie dann den Geldhahn ordentlich zurück! Wenn wir schon bereit sind, ordentlich zusammen zu rücken und uns gegenseitig auf die Zehen zu steigen - wir sind ja nicht ein Abstellplatz für SchülerInnen, wir haben auch einiges an Arbeit zu bewältigen! Sollen wir uns darüber freuen, dass wir wenigstens noch Papier, ein paar Bücher und einen Bleistift haben? Sie selber hecheln doch auch bei jeder Gelegenheit von Informatik, Internet und Powerpoint. Dazu braucht man Computer. Die müssen irgendwo draufstehen. Davor muss ein Sessel stehen. Das leuchtet Ihnen doch ein?

Müssen wir wieder zu den Eltern der SchülerInnen um ausrangiertes Büromobiliar betteln gehen und dann den Krempel wieder mit unseren Privatautos in die Schule karren und dort zusammennageln? Das alles erzählen Sie nicht bei Ihren Pressekonferenzen!

Gut, das Bundeskanzleramt hat uns ausrangierte Computer geschenkt. Die Stückzahl reicht für einen der beiden zusätzlichen Informatikräume. Diese PCs müssten ein bisschen aufgerüstet werden. Ich bin ja auch gerne bereit, das selber zu tun, auch bei 15 Geräten - aber ich bezahl' die RAM-Chips und die Festplatten nicht aus meinem privaten Portemonnaie! Und was ist mit dem zweiten zusätzlichen EDV-Saal? Der hat weder Mobiliar noch Computer! Sollen wir dort im September Unterricht machen, am Boden sitzend und uns auf der Tafel mit Kreide Computer aufzeichnen und von solchen träumen? Wenn dem so ist im September - und ich wette darauf, dass es so sein wird - dann machen wir auch eine Pressekonferenz, um zu erzählen, wie toll man Unterricht heutzutage machen könnte, z. B. per e-learning mit Kopfhörern und Computern auf Tischen mit Sesseln davor. Schule im Kapitalismus geht so.

Wenn Sie das unter Reform verstehen, ist jede (Gesundheits-, Pensions-, Schul-) Reform von vornherein gefährlich und sollte verhindert werden. Es ist wie jene Lauda-Air-Boeing damals vor zig Jahren, die kurz nach dem Start die Schubumkehr eingeschaltet hat. Niki Lauda nannte das "Vollgasfahren und Vollbremsen gleichzeitig". Das Flugzeug ist übrigens abgestürzt. Es war ein technisches Gebrechen. Das aber, was Sie machen, Frau Präsidentin, ist Programm. Es ist das Programm der SPÖ.

Mit freundlichen Grüßen
Karl GUGLER
schulprobleme@kpoe.at

(Dieser Kommentar erscheint in der nächsten Printausgabe des Kaktus, welche auf Bestellung unter ( hoellisch@kpoe.at) allen interessierten DonaustädterInnen gratis per Post zugesendet wird)