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12.März 1938 - Niemals vergessen!

  • Donnerstag, 13. März 2008 @ 06:19
Eine Ansprache von Johann Höllisch auf der Gedenkkundgebung der KPÖ Donaustadt, am 12.03.2008 in der Wurmbrandgasse in Wien Stadlau, im Wortlaut. (Zwischentitel sind von der Redaktion)

Videoclip 1.Teil/3 Musikalische Einstimmung und Rede von Johann Höllisch - 1.Teil

Videoclip 2.Teil/3 Rede von Johann Höllisch - 2.Teil, Antifaschistsiches Lied von Ernst Toman

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Genossinnen und Genossen!

Wir wollen heute über Parteigrenzen hinweg jener Frauen und Männer gedenken, die trotz des Nazi-Terrors, der alle bis dahin erlebte politische Verfolgung in den Schatten stellte, Widerstand geleistet haben. Davon zeugen auch zwei erhalten gebliebene Gedenktafeln. Eine, die an Genossen Franz Stelzel erinnert und an seinem früheren Wohnhaus , auf der gegenüberliegenden Straßenseite, angebracht ist. Und die Gedenktafel hier an unserem Haus, wo Genosse Stelzel ebenfalls aufscheint, die an alle uns bekannten politisch aktiven KPÖMitglieder aus unserem Bezirk erinnert, die von den Nazis hingerichtet worden sind.

Sie wußten, dass jede Tätigkeit für den Widerstand ihren Tod bedeuten kann!

Franz Stelzel, von Beruf Maschinenschlosser, stellte in Stadlau für die KPÖ illegale Schriften her und wirkte an deren Verbreitung mit. Von einem älteren Genossen, der über sein Wirken näher Bescheid weiß, habe ich erfahren, dass er zu einigen Erscheinungen in der damaligen kommunistischen Bewegung kritisch eingestellt war. Das ließ ihn nicht davon abhalten, mit vollem Einsatz gegen die Naziherrschaft aktiv zu sein. 1942 wurde Franz Stelzl zum Tode verurteilt und im Wiener Landesgericht hingerichtet.

Weiters möchte ich, ebenso stellvertretend für alle, etwas zu Andreas Morth sagen, der in einer Widerstandsgruppe in Kagran tätig war und Spenden für Not leidende Familien inhaftierter WiderstandskämpferInnen sammelte. Er wurde dafür unter dem Vorwurf "hochverräterischer Tätigkeit" zum Tode verurteilt und 6 Tage vor seinem vierzigsten Geburtstag enthauptet.

Ihre Töchter Regina Stelzel und Helene Bahrfuss, geboren als Helene Morth, sind heute in unserer Mitte. Ich weiß nicht, ob es für jeden von uns wirklich nachvollziehbar ist, wie schmerzhaft es für Kinder und Jugendliche sein muss, in so jungen Jahren und auf diese schreckliche Weise, ihren Vater oder ihre Mutter zu verlieren.

Gemeinsamer Widerstand verschiedener weltanschaulicher Zugänge

Wir sind stolz darauf, was Mitglieder unserer Partei im Widerstand geleistet haben. Niemand sollte aber der Versuchung erliegen, den antifaschistischen Widerstandskampf alleine für seine Partei und weltanschauliche Richtung zu reklamieren.

Deshalb haben wir zur heutigen Kundgebung auch Vertreter anderer Parteien, Gruppen und unterschiedlicher weltanschaulicher Zugänge aus unserem Bezirk eingeladen.

Ich wurde ersucht, den Herrn Bezirksvorsteher zu entschuldigen, er befindet sich diese Woche im Urlaub. Ebenso entschuldigt hat sich die SPÖDonaustadt, mit Verweis auf die vielen zum selben Anlass stattfindenden eigenen Veranstaltungen, die sich mit unserer heutigen Kundgebung terminlich überschneiden.

Umso mehr freuen wir uns über die Teilnahme der BezirksrätInnen Barbara Boll, Stefan Wirius und Robert Eichert von den Donaustädter Grünen.

Ebenso herzlich begrüßen wir anwesende AktivistInnen der überparteilichen Friedensinitiative Donaustadt und der überparteilichen Initiative "Transdanubien gegen Schwarz Blau"

Vor allem aber heiße ich alle hier Anwesenden willkommen, gleichgültig, ob und welcher politischen Organisation und weltanschaulicher Haltung Ihr Euch auch immer zugehörig fühlt.

Antifaschismus akltuell wie je!

Auch heute gibt es Menschen und politische Kräfte, die die Verbrechen des Naziregimes verniedlichen und leugnen. Neofaschismus, Antisemitismus, Rassismus und Krieg sind in unserer Gesellschaft bis heute nicht überwunden. Nicht jeder, der ausländerfeindliche menschenverachtende Aussagen nachplappert, ist deswegen ein überzeugter Faschist. Betroffen aber macht, wenn verantwortliche Politiker und Medien der Auseinandersetzung mit solchen Haltungen ausweichen oder wenn sie solche Haltungen in ihrer Politik oder Berichterstattung noch fördern.

Je mehr die "Straches" und "Westenthalers" in unserer politischen Landschaft nach rechts rücken, umso mehr schweigen die ÖVP und leider auch verantwortliche Politiker der SPÖ dazu. Und sie haben auch längst damit begonnen, bisher diesen beiden Rechtsparteien vorbehaltene Forderungen, nach einer Verschärfung der Asylgesetzgebung und des Fremdenrecht, zu übernehmen und umzusetzen.

Die FPÖ hat es in unserem Bezirk fertig gebracht, einer Straßenbenennung nach Sophie Scholl und der Errichtung eines Antifaschistischen Mahnmals für die in der Lobau von den Nazis zu Tode geschundenen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, die Zustimmung zu versagen. Ihr Abschneiden zuletzt auch bei den Landtagswahlen in Niederösterreich sollte uns alle gemeinsam mit Sorge erfüllen.

Faschismus gab es bereits vor dem März 1938

Der Faschismus in Österreich war auch Folge des ständigen Zurückweichens der Arbeiterbewegung. Der Naziherrschaft war die die blutige Niederwerfung des Arbeiteraufstandes im Februar 1934 und die Errichtung des faschistischen Ständestaates vorangegangen, in dem es, wenn auch nicht mit der von den Nazifaschisten an den Tag gelegten "Gründlichkeit", ebenso politische Verfolgung und standrechtliche Hinrichtungen gab. Sowohl für Dollfuss als auch seinen Nachfolger Schuschnigg stand bis zuletzt die Option eines Ausgleichs mit den Nazifaschisten im Vordergrund. Es entspricht einfach nicht den Tatsachen, wenn Kräfte in der ÖVP Dollfuss, noch heute, die Rolle als "Opfer des Nazifaschismus" zubilligen wollen.

Österreich(erInnen) waren auch Täter!

Nationalistische Vorurteile und Antisemitismus sind in Österreich, bereits in die Monarchie zurückreichend, weit verbreitet. Auch wenn der vom ÖVP-Parlamentsklub als Redner für ihre Gedenkveranstaltung aus der "politischen Mottenkiste" zurückgeholte Otto Habsburg es bis heute nicht wahr haben will: Auch darin liegt eine Mitursache , dass der Nationalismus und Rassenwahn des Hitlerregimes auf so fruchtbaren Boden fiel. Dass so viele Österreicherinnen und Österreicher bei der Enteignung, Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Juden so große Mitschuld auf sich geladen haben. Und das bis heute Antisemitismus in unserer Gesellschaft nicht überwunden, Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit auf so fruchtbaren Boden fällt.

Und nicht zuletzt hat auch die Politik der austrofaschistischen Regierung zu einer besonders hohen Arbeitslosigkeit und unvorstellbaren Verbreitung des Massenelends geführt. Damals wie auch heute sind soziale Ausgrenzung und Armut zu wichtigen Feldern für rechtspopulistische Demagogen geworden.

Wir stellen uns auch den dunklen Seiten in unserer eigenen Geschichte!

Ein Aspekt, der unsere eigene Geschichtsaufarbeitung betrifft, soll bei einem solchen Anlass wie heute, nicht übergangen werden. Die vielen Versuche, uns Kommunisten, mit den Faschisten im Umgang mit Demokratie, Freiheit und Menschenrechten gleichzusetzen, und die offene Ignoranz des Beitrages der Kommunistinnen und Kommunisten für ein freies und unabhängiges Österreich im heutigen offiziellen Geschichtsbild, dürfen uns davon nicht abhalten. Ja, es hat auch im Namen des Sozialismus Missachtung der Demokratie, Autoritäre Machtausübung, Willkürlichkeit und auch gegen viele aufrechte Antifaschistinnen und Antifaschisten gerichteten Terror gegeben.

Nicht, gegen sondern für unsere WiderstandskämpferInnen!

Nicht, um ihren Widerstandskampf zu relativieren oder zu diskreditieren, sondern vor allem der Widerstandskämpferinnen und Kämpfer selbst Willen, haben wir uns- und ich stehe nicht an es offen einzugestehen - viel zu spät und erst nach dem Ende der Sowjetunion, der Aufarbeitung der Geschichte der stalinschen Repression tabulos gestellt. Auch deshalb sind wir uns das selbst schuldig, weil viele ehrliche Kommunistinnen und Kommunisten, zu den ersten Opfern stalinistischer Verbrechen zählen.

  • Nicht weil, sondern trotz Stalin hat die Sowjetunion, die Hauptlast im Kampf gegen die Hitlerherrschaft getragen und ist in diesem Kampf siegreich geblieben.
  • Nicht weil, sondern trotz stalinistischer Entstellungen unserer sozialistischen Ziele, haben viele tausende Kommunistinnen und Kommunisten unter Einsatz ihres Lebens für ein freies unabhängiges Österreich gekämpft.
  • Aufarbeitung der Geschichte - nicht um in Vergangenheit verhaftet zu bleiben, sondern um für die Gegenwart und Zukunft zu lernen!

    An die Adresse auch all jener, die uns bisher fehlende Bereitschaft zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit vorgeworfen haben, sagen wir heute: Spätestens jetzt wird es auch endlich Zeit , die noch immer vorhandenen dunklen Flecken auch in Eurer eigenen Geschichte aufzuarbeiten. Jede Partei, jede weltanschauliche Richtung, deren politisches Wirken in diese Zeit zurückreicht, sollte sich einer solchen Aufarbeitung nicht länger verschließen Nicht, um in der Vergangenheit verhaftet zu bleiben, sondern um für die Gegenwart und Zukunft die daraus nötigen Lehren zu ziehen!

    Geben wir den Nazis keine Chance!

    Zum Abschluss, wieder in die gemeinsame Zukunft blickend, schließe ich mich der Schlussfolgerung einer, in unserem Bezirk neu gegründeten Kommunistischen SchülerInnen Initiative vollinhaltlich an, die lautet:

  • "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!"
  • Ich denke es gibt genügend Gemeinsamkeiten aller hier Anwesenden, den politischen Kampf gegen Neofaschismus und Rassismus, wo immer notwendig, gemeinsam zu führen!

  • Niemals vergessen! Den Anfängen wehren!
  • Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!