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Die letzte Donaustädter Bezirksvertretungssitzung - Eine kritische Betrachtung zur Bezirksdemokratie

  • Sonntag, 10. Juni 2007 @ 17:37
Bezirksvertretung Antrag für B3d als zweispurige Straße abgelehnt. Welche Fragen diskutiert werden (dürfen) und welche nicht

Nach mehr als 3 Jahren Wartezeit wurde bei der letzten Donaustädter Bezirksvertretungssitzung am 24.05.2007 ein im Jahr 2004(!!!) von den Grünen eingebrachter Antrag, die in der Zwischenzeit als Autobahn geplante Verlängerung der A23 (früher B3d) nur als 2spurige Umfahrungsstraße für die Ortskerne Hirschstetten, Aspern und Eßling zu planen, nun endlich abgestimmt. "Wahrlich eine Großtat in Sachen Bezirksdemokratie" ortet Johann Höllisch, seit Jahren regelmäßiger Zuhörer und aktiver Berichterstatter des Kaktus über die Sitzungen unseres Bezirksparlaments. Mehr als 3 Jahre hat es gebraucht, bis der, dem Verkehrsausschuss zugewiesene Antrag, das Plenum der gewählten Bezirksvertretung wieder erreichte. In der Zwischenzeit sind natürlich alle diesbezüglichen Entscheidungen bereits gefallen. Längst hatte sich die SPÖMehrheit im Bezirk und im Wiener Rathaus, darauf festgelegt, nicht nur am Rande unseres Bezirkes sondern auch direkt durch unseren Bezirk eine neue Autobahn zu planen.

Den Bock zum Gärtner gemacht

Eine Realisierung des Antrages würde der im Bundesstraßengesetz bereits festgelegten neuen Autobahn widersprechen, beschied die SPÖMehrheitsfraktion den AntragstellerInnen und lehnte mit Unterstützung der ÖVP und FPÖ den Antrag jetzt im Nachhinein auch formell ab.

Man habe den Antrag, auf Betreiben der Bezirksvorstehung, bewusst liegen gelassen, kritisierten die Grünen. Von Seiten der Bezirksverkehrskommission habe man immerhin einen Vertreter der ASFINAG, (den künftigen Betreiber der neuen Autobahn- Anmerkung der Redaktion) als Experten in die Verkehrskommission eingeladen, entgegnete stellte der Vorsitzende der Bezirksverkehrskommission nicht ohne Stolz zu diesem Vorwurf.

"Eine Bezirksvertretung, die Ihrer Aufgabe gerecht würde, die Anliegen der Bezirksbevölkerung zu vertreten, hätte nicht nur die Autobahnbetreiber sondern auch unabhängige Experten und vor allem auch die betroffenen AnrainerInnen angehört", stellt die KPÖ Donaustadt dazu fest. Es wäre aber auch an den Grünen gelegen, die Öffentlichkeit über dieses skandalöse Vorgehen zeitgerecht zu informieren und sich nicht darauf zu beschränken ihre Kritik in der Bezirksvertretung vorzubringen.

Kein Ruhmesblatt in Sachen Bezirksdemokratie bot auch der übrige Verlauf der letzten Sitzung unseres Bezirksparlaments.

"Welche Fragen diskutiert werden (dürfen) und welche nicht

bestimmen wir", meint die SP-Mehrheitsfraktion. Unter diesem Motto wurde der gewählten Bezirksvertretung zu einer ganze Reihe von Anträgen, unter Berufung auf die Stadtverfassung und der Geschäftsordnung, jegliche Diskussion, Behandlung und Abstimmung verwehrt. Nur Anträge, für deren Realisierung, wie in der Stadtverfassung festgelegt, die Bezirksvertretung zuständig sei, dürften als Anträge zugelassen werden, beschied der vorsitzführende Bezirksvorsteher-Stellvertreter Josef Taucher. Auch Resolutionen müssten sich an diesem Passus in der Geschäftsordnung orientieren. Zwar konnte er im weiteren Sitzungsverlauf nicht abstreiten, dass im Unterschied zu Anträgen, eingebrachte Resolutionen zu Fragen, deren Zuständigkeit außerhalb der Bezirksvertretung liegen, zulässig sind. Solche dürften sich aber an keine konkreten Adressaten wenden, meinte er dazu.

Ein Beispiel um es verständlicher zu machen:

Eine von den Grünen, nachdem als Antrag nicht zugelassen, eingebrachte Resolution "Die Bezirksvertretung spricht sich dafür aus die Windproblematik in der Donaucity durch geeignete Maßnahmen zu mildern", wurde schließlich mit den Stimmen der SPÖ, ÖVP und den Grünen angenommen. Hätte die Resolution auch die Forderung enthalten, dass die Kosten dafür vom verantwortlichen Bauträger zu tragen wären, wäre auch diese Resolution so Taucher, "nicht zulässig" gewesen.

Was uns dazu noch auf- und einfällt:

Die Frage ob das Vorgehen nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung, gerechtfertigt oder nicht, mögen andere (im Zweifelsfall juristisch geschulte Personen) entscheiden. Fakt bleibt: Erstens dass die Geschäftsordnung und Stadtverfassung seit geraumer Zeit gegenüber der Opposition wesentlich strenger ausgelegt und öfter strapaziert wird. Es ist noch nicht solange her: Unter Vorsitzführung des früheren stellvertretenden Bezirksvorsteher Karl Dampier, wurde nahezu jeder Antrag oder jede Resolution zugelassen und diskutiert. Ob das an den jeweils unterschiedlichen handelnden Personen oder an der Tatsache, dass die SPÖ damals keine absolute Mehrheit in unserem Bezirksparlament hatte, liegen mag, möge jede/jeder LeserIn für sich selbst beurteilen.

Zweitens stellt sich natürlich auch die Frage, wer diese, zur Auslegung gegen jegliche Entfaltung von Demokratie herangezogene, Stadtverfassung und Geschäftsordnung im Wiener Gemeinderat beschlossen hat und dafür die politische Verantwortung trägt.

Einmal mehr beweist sich, dass es einer gegenüber einer vermeintlichen SP-Allmacht stärkeren und vor allem wirksamen linken Opposition bedarf. Und vor allem, dass sich betroffene BürgerInnen in der Vertretung ihrer Anliegen nicht auf die gewählten VertreterInnen verlassen sollen. Nur dort wo es gelingt seine Anliegen auch außerparlamentarisch öffentlich zu machen, kann es, genügend Unterstützung aus der Öffentlichkeit vorausgesetzt, gelingen auch etwas gegen den neoliberalen Mainstream bzw. die Allmacht der Rathausgewaltigen durchzusetzen.

PS: Noch schuldig geblieben bin ich den LeserInnen dieses Beitrages, zu welche Fragen durch Nichtzulassung von Anträgen und Resolutionen, die Diskussion in unsrem Bezirksparlament verwehrt geblieben ist: (kein Anspruch auf Vollständigkeit!)

  • FP-Resolution gegen eine flächendeckende Einführung der Gesamtschule in unserem Bezirk. Eine politische Diskussion zu dieser Frage wäre mehr als sinnvoll. Die Ablehnung einer solchen Resolution wäre eine klare Meinungsäußerung für die Gesamtschule, die umso wichtiger ist, als auch der Koalitionspartner der SPÖ auf Bundesebene den Standpunkt unserer Bezirksblauen teilt)
  • Antrag der Grünen, der die Bezirksvertretung auffordert sich bei der ASFINAG und dem Verkehrsministerium für eine Verlängerung der Überplattung der A22 am nördlichen Ende des Kaisermühlentunnels auszusprechen, um die Lärmbelästigung von über 1000 Mietern zu mildern
  • Antrag der Grünen, der von der Gemeinde Wien verlangt sich für eine Verkehrserregerabgabe bei Einkaufszentren einzusetzen
  • Resolutionsantrag der Grünen für eine gesicherte Querungsmöglichkeit in der Industriestraße des Industriegebietes Süßenbrunn
  • Antrag zur Verbesserung öffentlicher Verkehrsmittel in Süßenbrunn